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1.
Erkrankungen der Leber
Grundsätzlich kann jede Lebererkrankung, die Nichtschwangere
betrifft, auch in der Schwangerschaft vorkommen. Es handelt sich
entweder um akute Erkrankungen, die sich zufällig zeitgleich
mit der Schwangerschaft manifestieren oder um chronische präexistente
Lebererkrankungen. Von diesen schwangerschaftsunabhängigen
sind die schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankungen abzugrenzen,
die ausschließlich durch die Schwangerschaft ausgelöst
werden wie intrahepatische Schwangerschaftscholestase, akute Schwangerschaftsfettleber
und HELLP-Syndrom (Tab. 1.1).
Tab. 1.1 Lebererkrankungen während der Schwangerschaft
Schwangerschaftsunabhängige Lebererkrankungen |
- |
akute Virushepatitis |
A, B, C, D, E, GBV-C
HSV, CMV, EBV |
- |
akute toxische Leberschäden (Alkohol, Pharmaka) |
- |
metabolische Lebererkrankungen |
- |
hereditäre Cholestasen |
- |
funktionelle Hyperbilirubinämien |
- |
autoimmune Hepatitis, Überlappungssyndrome |
- |
chronische cholestatische Lebererkrankungen
(PBC, PSC) |
- |
chronische Hepatitis und Leberzirrhose (viral,
toxisch, autoimmun) |
|
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Schwangerschaftsspezifische
Lebererkrankungen |
- |
intrahepatische Schwangerschaftscholestase |
- |
HELLP-Syndrom (Präeklampsie) |
- |
akute Schwangerschaftsfettleber |
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|
Die Lebermitbeteiligung im Rahmen einer schweren Hyperemesis gravidarum
stellt keine Lebererkrankung im engeren Sinne dar. Diese Leberfunktionsstörungen
als Folge von Mangelernährung, Störungen des Wasser- und
Elektrolythaushalts und von metabolischer Ketoazidose bessern sich
nach Sistieren des Erbrechens spontan innerhalb weniger Tage (s.
Kap. 1.2.1.1. und 4.2.3.).
Auf die früher gebräuchliche Klassifizierung hepatobiliärer
Erkrankungen in der Schwangerschaft in einen Ikterus in graviditate
und einen Ikterus e graviditate sollte heute verzichtet werden.
Nicht das fakultative Symptom des Ikterus, sondern die Lebererkrankung
selbst sollte in den Vordergrund gerückt werden. Verlässliche
Aussagen über Prävalenz und Inzidenz von Lebererkrankungen
in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Mit einem Fall pro 500
bis 5000 Schwangerschaften scheint ein derartiges Zusammentreffen
relativ selten zu sein (69, 70, 74, 75, 77, 152).
↑
↑ ↑
1.1. Physiologische Veränderungen
Die erhöhten Anforderungen, die eine ungestörte Schwangerschaft
an die Leber als zentrales Stoffwechselorgan stellt, werden von
einer gesunden Leber ohne Einschränkung bewältigt und
auch bei hepatobiliären Erkrankungen ist die Leistungsreserve
des Organs in den meisten Fällen noch groß genug, um
der funktionellen Mehrbelastung zu genügen. Allerdings zeigen
Struktur und Funktion der Leber in der normalen Schwangerschaft
bevorzugt zum Schwangerschaftsende einige physiologische Veränderungen,
deren Kenntnis Voraussetzung ist für die Erhebung krankhafter
Zustände.
Leber- und Milzgröße bleiben während
der Gravidität unverändert. Da die Leber gegen Schwangerschaftsende
durch den Uterus nach oben, hinten und rechts verdrängt wird,
ist sie zu diesem Zeitpunkt ebenso wie die Milz schwierig zu palpieren.
Ab der 10. Schwangerschaftswoche nehmen zirkulierendes Blutvolumen
(30 – 50 %), kardiales Schlagvolumen (30 – 35 %) und
zentralvenöser Druck zu, dagegen sinkt der periphere Gefäßwiderstand.
Es vergrößert sich vor allem das Plasma-, weniger das
Erythrozytenvolumen. Diese Hypervolämie ist
nicht nur bei Herz-, sondern auch bei Lebererkrankungen von Bedeutung.
Sie führt zu Veränderungen von Blutwerten (Erythrozyten,
Hämoglobin, Protein etc.), vor allem trägt sie aber im
Zusammenhang mit der interstitiellen Flüssigkeitszunahme bei
Leberzirrhose zur Aszitesbildung sowie bei portaler Hypertension
zur Auslösung von Ösophagusvarizenblutungen bei.
Im Rahmen dieses hyperdynamen Syndroms bilden
sich als Folge der vermehrten peripheren Zirkulation, weniger als
Folge einer endokrin bedingten Vasodilatation ab dem 2. Schwangerschaftsmonat
bei über 60 % der Frauen Leberhautzeichen (Teleangiektasien,
Palmarerythem etc.) aus. Sie nehmen im Laufe der Schwangerschaft
an Stärke zu und bilden sich nach der Entbindung zurück
(69, 70, 74).
Trotz der zusätzlichen Belastung des Leberstoffwechsels durch
die Schwangerschaft und trotz der Zunahme des Blutvolumens und des
Herzzeitvolumens bleibt die Leberdurchblutung im
Wesentlichen innerhalb der normalen Schwankungsbreite. Die Berechnung
des Leberstromvolumens mittels der Bromsulphthalein (BSP)-Clearance
bzw. der Indocyaningrün (ICG)-Clearance zeigt keine Veränderungen
der Durchblutung. Die Durchblutung beträgt im Mittel 1554 ml/min/1,73
m² im Vergleich zu Nichtschwangeren mit 1548 ml/min/1,73 m².
Auch zwischen den einzelnen Trimestern lassen sich, bei einer allerdings
geringen Zahl von Messungen, keine signifikanten Durchblutungsänderungen
feststellen. In der Spätschwangerschaft erhält die Leber
durchschnittlich 28 % des Blut- und Schlagvolumens, wogegen bei
nichtschwangeren Frauen 35 % die Leber erreichen (Tab. 1.2)
(61, 69, 70, 74, 126).
Die (Farb-) Duplexsonographie der Lebergefäße ist gerade
auch in der Schwangerschaft wechselnden Limitationen unterworfen,
so dass vergleichbare Normwerte bisher nicht vorliegen. In einer
vergleichenden Studie an 67 gesunden Schwangeren zwischen der 10.
und 40. Schwangerschaftswoche und 22 gleichaltrigen nichtschwangeren
Frauen lag bei den Nichtschwangeren das arterielle bei 0,57 + 0,31
l/min, das portalvenöse bei 1,25 + 0,46 l/min und das Gesamt-Blutflussvolumen
der Leber bei 1,82 + 0,63 l/min. Ab der 28. Woche trat eine signifikante
Zunahme des portalvenösen und des Gesamt-Blutflussvolumens
ein, wohingegen das arterielle Flussvolumen unverändert blieb.
(128).
Tab. 1.2 Leberdurchblutung in der normalen Schwangerschaft
(BSP-Clearance) (126)
Mit zunehmender Schwangerschaftsdauer kann eine Reduktion des
Lebervenenflusses beobachtet werden mit allmählicher Normalisierung
postpartal. In einer Studie an 75 gesunden Schwangeren änderte
sich in der mittleren Lebervene bei 64 % ab der 20. Woche das normale
triphasische zu einem monophasischen Flussprofil. Ab der 30. Woche
war nur noch bei 8 % der Schwangeren das Flussmuster normal triphasisch
(157).
In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass sich diese
Änderung des Lebervenenflusses im Wochenbett zunehmend normalisierte.
6 bis 8 Wochen post partum wiesen 60 % von 30 Untersuchten wieder
ein normales Flussprofil in der mittleren Lebervene auf (139).
Histologisch bietet die Schwangerschaftsleber
ein normales Bild. Elektronenoptisch finden sich
jedoch bei ca. drei Vierteln der Schwangeren im letzten Trimenon
mitochondriale Veränderungen in Form von Vergrößerungen,
Verformungen und kristallinen Einschlüssen. Es dürfte
sich um adaptive Veränderungen handeln, wahrscheinlich bedingt
durch die erhöhten Steroidhormonspiegel, denen kein Krankheitswert
zukommt und die sich nach der Geburt vollständig zurückbilden
(Abb. 1.1) (69, 70, 74). Eine besondere Ausprägung
erfahren diese strukturellen Alterationen der Mitochondrien im Rahmen
der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase (s. Kap. 1.3.1.),
möglicherweise sind sie auch pathogenetisch bedeutsam bei der
akuten Schwangerschaftsfettleber (s. Kap. 1.3.3).
Abb. 1.1 Ausschnitt einer Leberparenchymzelle
bei ungestörter Schwangerschaft 8. Monat. Neben wenigen, normal
strukturierten Mitochondrien finden sich zahlreiche vergrößerte
Mitochondrien mit kristallinen Innenstrukturen und dichtem Cristae-Besatz.
Bis auf eine geringe Vakuolisierung des endoplasmatischen Retikulums
sind die übrigen Zellorganellen normal. Vergr. 13800fach.
Tab. 1.3 Physiologische Veränderungen klinisch- chemischer
Parameter während der Schwangerschaft
Unverändert bis
zum Geburtstermin Enzyme:
GOT, GPT, GLDH, LDH
Bilirubin, Gallensäuren
Immunglobuline
Thrombozyten
Antithrombin, Protein S (total), Protein C
C-reaktives Protein |
Abnahme bis zum
Geburtstermin
Enzyme: CHE, gamma-GT
Gesamteiweiß, Albumin, gamma-Globuline
Haptoglobulin, Eisen
Hämoglobin, Hämatokrit |
Erhöhung bis
zum Geburtstermin
Enzyme: AP, LAP, 5’-Nukleotidase
(alpha-Amylase, Lipase)
Gerinnungsfaktoren: I, II, VII, VIII, IX, X
alpha- und beta-Globuline, alpha-1-Antitrypsin
Coeruloplasmin, Kupfer, Transferrin
alpha-1-Fetoprotein
Cholesterin, Triglyzeride
Leukozyten, Retikulozyten
BSG (bis 10/30 mm n.W.) |
Tab. 1.3 fasst die typischen
laborchemischen Veränderungen während der Schwangerschaft
zusammen. Die Bestimmung von Enzymaktivitäten im Serum ist
auch in der Schwangerschaft für die Diagnose und Differenzierung
von hepatobiliären Erkrankungen von entscheidender Bedeutung.
Während die Aktivitäten von GOT(AST), GPT (ALT), GLDH
und LDH im Serum während der gesamten Schwangerschaft im
Normbereich verbleiben, nimmt die Aktivität der CHE geringfügig
ab und kann in der zweiten Schwangerschaftshälfte leicht
erniedrigte Aktivitäten erreichen. Die Aktivität der
γ-GT, die bereits bei gesunden jungen, nichtschwangeren Frauen
um etwa 20 – 30 % niedriger ist als bei Männern, sinkt
ab dem 2. Trimenon ab und ist in der Spätschwangerschaft
signifikant niedriger als bei gleichaltrigen nichtschwangeren
Frauen. Selbst im Rahmen der akuten Virushepatitis findet sich
dieser hormonale Effekt auf die γ-GT bei jüngeren Frauen
im Gegensatz zu Frauen in der Postmenopause oder zu Männern.
Nicht nur zu Beginn, sondern auch im Longitudinalverlauf sind
die Werte der Kollektive 1 bis 3 signifikant niedriger als die
der Kollektive 4 bis 6 (Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Aktivität der γ-GT im Serum
(Normbereich < 18 U/l) bei akuter Virushepatitis zum Zeitpunkt
des GPT-Maximums sowie in der 1., 2. und 3. Krankheitswoche. (1)
Schwangere mit fortgeschrittener Schwangerschaft. (2) Frauen mit
Einnahme von Ovulationshemmern in höherer Dosierung bis zum
Erkrankungsbeginn. (3) Frauen bis 40 Jahre (ohne 1 und 2). (4) Frauen
über 45 Jahre. (5) Männer bis 40 Jahre. (6) Männer
über 40 Jahre.
Damit verhält sich die γ-GT grundsätzlich anders
als die übrigen Cholestase anzeigenden Enzyme 5’-Nucleotidase,
AP und LAP, die während der Schwangerschaft ansteigen, und
ist damit ungleich besser zur Diagnostik hepatobiliärer Erkrankungen
als diese Enzyme geeignet. Der kontinuierliche Anstieg der AP auf
das Zwei- bis Dreifache der Norm ab dem dritten Monat ist durch
das plazentare Isoenzym der AP bedingt, der ebenfalls ab dem dritten
Monat nachzuweisende LAP-Anstieg auf das Drei- bis Achtfache ist
auf die in der Plazenta gebildete Oxytocinase zurückzuführen.
Die Aktivität der 5’-Nucleotidase steigt im 2. und 3.
Trimenon nur gering an (7, 69, 70, 74).
Der Bilirubin-Spiegel bleibt im Normbereich, obwohl die mütterliche
Leber ab dem vierten Monat das fetale Bilirubin zusätzlich
zu eliminieren hat. Dies ist vor allem auf die Hämodilution
zurückzuführen. Auch die Gesamt-Gallensäuren sind
normal (< 10 µmol/l).
Alpha-Fetoprotein (AFP) wird in der fetalen Leber synthetisiert
und sezerniert. AFP ist zum Ende des 2. Monats im mütterlichen
Serum nachzuweisen, steigt bis zur 31. SSW im Mittel auf Werte über
200 ng/ml an, um dann bis zur Geburt leicht abzusinken. Höhere
Werte werden bei fetalen Mißbildungen (z. B. Anenzephalie,
Spina bifida) oder beim hepatozellulären Karzinom der Mutter
gefunden (s. Kap. 1.2.11).
Die Zunahme der Triglyzerid- und Cholesterinkonzentrationen sowie
der drei Haupt-Lipoproteinfraktionen im Serum ist physiologisch
und dient der Versorgung des Feten wie der plazentaren Hormonsynthese.
Von klinischer Relevanz ist der Anstieg der Konzentration der
Faktoren VII und X um 80 %, des Faktors VIII um 100 % und des Faktors
I (Fibrinogen) um 70 %, gleichzeitig ist die Fibrinolyse herabgesetzt.
Ansteigende Werte von Thrombin-Antithrombinkomplex (TAT), Prothrombinfragment
1 und 2 sowie D-Dimer weisen auf die Aktivierung der Gerinnung hin.
Die resultierende Hyperkoagulabilität wird allerdings in der
normalen Schwangerschaft durch die Expansion des Plasmavolumens
kompensiert.
Bei elektrophoretischer Trennung der Plasmaproteine findet sich
eine Abnahme der Albumine (bis 50 rel. %) und eine Zunahme der Alpha-
und besonders der Betaglobuline, während die Gammaglobuline
unverändert bleiben oder gering abnehmen. Das Gesamteiweiß
nimmt bis zum Ende der Schwangerschaft durchschnittlich um 0,5 g/100
ml ab, nur in Einzelfällen werden hypoproteinämische Werte
erreicht (7, 69, 70, 74).
Mit Hilfe von Anamnese, klinischen, klinisch-chemischen, sonographischen
und Dopplersonographischen Untersuchungen, nur in ausgewählten
Fällen ergänzt durch die Leberbiopsie, sollte es heute
fast immer gelingen, die Ätiologie einer hepatobiliären
Erkrankung während einer Schwangerschaft zu klären
(Tab. 1.4).
Tab. 1.4 Ursachen einer Leberfunktionsstörung während
der verschiedenen Schwangerschaftsstadien
1. Trimenon |
2. Trimenon |
3. Trimenon |
akute Virushepatitis |
akute Virushepatitis |
Intrahepatische Schwangerschaftscholestase |
Hyperemesis gravidarum |
chronische Hepatitis und Leberzirrhose |
akute Virushepatitis |
toxische Schäden durch Pharmaka |
Cholelithiasis |
HELLP-Syndrom |
|
akute Pyelonephritis |
chronische Hepatitis und Leberzirrhose
Cholelithiasis
akute Schwangerschaftsfett-leber
akute Pyelonephritis |
↑ ↑ ↑
1.2
Schwangerschaftsunabhängige Lebererkrankungen
1.2.1. Akute und chronische Virushepatitiden
1.2.1.1. Akute Virushepatitis
Die akute Neuinfektion mit den Hepatitis-Viren A, B, C, D und E
definiert die akute Virushepatitis. Der Infektion
mit dem GB-Virus C (Hepatitis G-Virus) kommt wahrscheinlich nur
eine geringe klinische Bedeutung zu. Die Häufigkeit der akuten
Hepatitisinfektionen in Deutschland liegt bei etwa 35 pro 100.000
Einwohner und Jahr.
In der Schwangerschaft ist die akute Virushepatitis
mit etwa 40 % die häufigste Ursache einer Lebererkrankung.
Die Erkrankungszahlen sind mit der Häufigkeit der Hepatitis
in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar. Die Schwangerschaft
birgt kein erhöhtes Risiko, an einer Virushepatitis zu erkranken,
und auch die Suszeptibilität gegenüber Hepatitisviren
ist in den verschiedenen Phasen der Schwangerschaft nicht unterschiedlich.
Die Diagnose einer akuten Virushepatitis bietet
auch in der Schwangerschaft keine spezifischen Probleme. Die typischen
klinisch-chemischen Befunde, insbesondere die Konstellation
des Enzymmusters und die virologischen Parameter, erlauben sicher
die Diagnose und Differenzierung z.B. von anderen Ikterusformen
in der Schwangerschaft. Allerdings ist die Bestimmung der Aktivitäten
von AP, 5’-Nucleotidase und LAP, die physiologisch im Verlauf
der Schwangerschaft allmählich ansteigen, zur Erkennung einer
cholestatischen Verlaufsform weniger geeignet. Stets sollte daher
die Aktivität der γ-GT bestimmt werden, die nicht nur
die Cholestase anzeigt, sondern auch ein Hinweis für die klinische
Ausheilung der Hepatitis sein kann.
Offenbar unter dem Einfluss der Östrogene und/oder des Progesterons
sind die Werte der γ-GT im Mittel niedriger als bei vergleichbaren
Kontrollen, besonders in der 2. Hälfte der Schwangerschaft.
Dieses besondere Verhalten der Aktivität der γ-GT
im Serum sei an 4 verschiedenen Kollektiven mit akuter
Virushepatitis A oder B, und zwar zum Zeitpunkt des GPT-Maximums
sowie in der 1., 2. und 3. Krankheitswoche im Vergleich zu den Aktivitäten
von AP und LAP verdeutlicht (Abb. 1.3).
Das erste Kollektiv umfasst Hepatitiserkrankungen bei Schwangerschaften
im 2. und 3. Trimenon, das zweite Frauen mit Einnahme oraler Kontrazeptiva
bis zum Beginn der akuten Hepatitis, das dritte bis zur Hepatitiserkrankung
gesunde Frauen bis 40 Jahre und das 4. Kollektiv ebenfalls bis zur
Hepatitiserkrankung gesunde Frauen über 45 Jahre. Der hormonale
Einfluss auf die γ-GT ist in den drei ersten Kollektiven stets
erkennbar, die Werte sind signifikant niedriger als beim 4. Kollektiv,
den Frauen nach der Geschlechtsreife.
Der durch die Schwangerschaft bedingte Aktivitätsanstieg lässt
sich besonders am Verhalten der LAP zeigen, wohingegen deutlich
erhöhte Werte der AP durch den Beitrag der Plazenta-AP erst
im 3. Trimester zu finden sind.
Eine Verminderung der γ-GT-Aktivität bzw. normale Aktivitäten
können auch während Schwangerschaften bei der benignen
rekurrierenden intrahepatischen Cholestase (s. Kap. 1.2.4.), bei
der autoimmunen Hepatitis und anderen Autoimmunerkrankungen (s.
Kap. 1.2.6.) bei der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase
(s. Kap. 1.3.1.) sowie beim HELLP-Syndrom (s. Kap. 1.3.2.) beobachtet
werden (69, 70, 74).
Da die Anfangsphase einer akuten Hepatitis mit gastrointestinalen
Symptomen wie Inappetenz, Übelkeit und Erbrechen einhergehen
kann, muss differentialdiagnostisch das Vorliegen von Emesis
bzw. Hyperemesis gravidarum bedacht werden (s.
Kap. 4.2.3.) (73).
Das Enzymmuster (Referenzbereich in Klammern)
einer 25-jährigen Erstgravida in der 12. Woche mit seit 14
Tagen bestehender Hyperemesis zeigt als Folge der toxischen Leberzellschädigung
eine über das vierfache des oberen Referenzwertes erhöhte
Aktivität der
γ-GT:
GOT
GPT
GLDH
γ-GT |
54
210
67
82 |
,8 |
U/l U/l U/l U/l |
|
(< 15 U/l)
(< 17 U/l)
(< 3 U/l)
(< 18 U/l) |
Der unverhältnismäßig hohe Anstieg der mitochondrialen
vorzugsweise perivenös lokalisierten GLDH im Vergleich zur
zytosolischen GPT und bilokulären GOT weist darüber hinaus
darauf hin, dass die toxische Läsion überwiegend den zentrolobulären
Bereich betrifft.
Weiterhin ist bei der Wertung des Enzymmusters bei einer akuten
Hepatitis während der Schwangerschaft auf die physiologische
Depression der CHE-Aktivität (ab 2. Trimenon) hinzuweisen,
die allein nicht als Hinweis auf einen besonders schweren oder protrahierten
Verlauf der Hepatitis angesehen werden darf.
Auch für die Hepatitis in der Schwangerschaft gilt, dass die
Höhe des Enzym- und Bilirubinanstiegs keine prognostischen
Rückschlüsse zulässt, sofern die Werte nach Erreichen
des Maximums sich in den Verlaufskontrollen kontinuierlich normalisieren
(69, 70, 74, 75).
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Abb. 1.3 Aktivitäten von γ-GT,
GPT, AP und LAP sowie Bilirubinkonzentrationen im Serum bei
vier unterschiedlichen Kollektiven mit akuter Virushepatitis
im Longitudinalverlauf (Einzelheiten s. Text). Normalbereiche:
γ-GT < 18 U/l, GPT < 17 U/l, AP < 170 U/l, LAP
< 35 U/l, Bilirubin gesamt < 17 µmol/l. |
Unabhängig von der Art des Erregers werden Verlauf,
Krankheitsdauer und Ausheilung der Erkrankung
– zumindest in Westeuropa – durch die Schwangerschaft
nicht negativ beeinflußt. Es muß jedoch mit
Rückwirkungen der Infektion auf die Frucht gerechnet
werden (69, 70, 74, 75, 91, 119, 179). Die auf den gesamten Zeitraum
der Schwangerschaft berechnete Frühgeburtenrate beträgt
etwa 16 %, beim Auftreten der Virushepatitis in der Spätschwangerschaft
erhöht sich diese auf 29 % und gleichzeitig findet sich eine
10 %ige Totgeburtenrate. Bisher ist keines der Hepatitisviren in
einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Auftreten von Missbildungen
zu bringen (Tab. 1.5) (69, 70, 74, 75).
Tab. 1.5 Kindliche und mütterliche Prognose bei Lebererkrankungen
während der Schwangerschaft
Die Infektion des Kindes ist somit
als das wesentlichste Risiko einer Virushepatitis während der
Schwangerschaft anzusehen. Eine verlässliche Aussage zur Übertragung
der verschiedenen Erreger von der Mutter auf das Kind ist derzeit
für das Hepatitis A-, B- und C-Virus möglich (Tab.
1.6).
Tab. 1.6 Hepatitisviren und Schwangerschaft
Bei einer akuten Hepatitis A während
der Schwangerschaft ist eine Übertragung des Virus auf das
Neugeborene bei intakter Plazenta kaum zu erwarten. Vielmehr werden
die mütterlichen HAV-Antikörper auf das Kind übertragen,
die ihm für die ersten 10 – 12 Lebensmonate Immunität
gegen Hepatitis A verleihen. Eine HAV-Exposition bewirkt dann eine
aktive Immunisierung der Säuglinge und zwar ohne die Symptome
einer klinischen Infektion. Insgesamt tritt eine akute Hepatitis
A beim Neugeborenen direkt nach der Geburt selten auf und zwar nur
dann, wenn die Mutter gleichzeitig akut perinatal oder während
der Stillperiode erkrankt. Durch passive Immunprophylaxe kann das
Neugeborene geschützt werden. Für die aktive Immunisierung
des Neugeborenen mit einer inaktivierten Virusvakzine bzw. für
die aktiv-passive Immunisierung liegen ausreichende Erfahrungen
bisher nicht vor. Gleiches gilt für die Wirkung der aktiven
Immunisierung auf schwangere oder stillende Frauen. Es sollte nur
bei eindeutiger Indikation aktiv geimpft werden (Tab. 1.6)
(37, 69, 70, 74, 77).
Im Gegensatz zur Hepatitis A kommt der Infektion der
Neugeborenen HBV-positiver Mütter die größte Bedeutung
zu, da die Kinder häufig zu chronischen Virusträgern werden.
Eine Infektionsgefährdung des Kindes ist in unterschiedlichem
Ausmaß bei akuter Hepatitis B und beim chronischen
HBV-Trägertum der Mutter gegeben. Bei einer akuten
Hepatitis B kurz vor oder nach der Geburt werden über 90 %
der Kinder infiziert, beim Auftreten im ersten und zweiten Trimenon
weniger als 10 %. Offensichtlich verhindert eine intakte Plazenta
die Übertragung. Sowohl bei einer Hepatitis B in der Spätschwangerschaft
als auch bei chronischen HBs-Ag-Trägerinnen erfolgt die Infektion
überwiegend perinatal, wobei die höchste Inzidenz dieser
vertikalen Übertragung im wesentlichen von der Menge des zirkulierenden
HBV bestimmt wird. Entsprechend signalisiert der Nachweis von HBe-Antigen
und von viraler DNS ein hohes Infektionsrisiko von etwa 90 % und
zwar unabhängig von den verschiedenen geographischen Regionen.
In der deutschen Bevölkerung beträgt die
Häufigkeit von HBV-Dauerträgern zwischen 0,3 bis 0,8 %,
die Inzidenz bei den bei uns lebenden Ausländern ist mit 8
% deutlich höher. Entsprechend wird in Deutschland bei etwa
800.000 Geburten pro Jahr die Zahl der Neugeborenen, die jährlich
durch das HBV gefährdet werden, auf mindestens 2.500 bis 6.500
geschätzt. Abhängig vom Ausmaß der Virämie
bei der Mutter schwankt das Infektionsrisiko dieser Kinder zwischen
10 und über 90 %.
Von den HBV-infizierten Kindern entwickeln nur wenige innerhalb
von 6 Monaten post partum das Vollbild einer akuten Hepatitis. 80
– 90 % der Kinder werden dagegen zu chronischen Virusträgern.
Die Infektion verläuft asymptomatisch und anikterisch, nur
die HBs-Ag-Persistenz und meist leicht erhöhte Aktivitäten
der Transaminasen im Serum weisen auf die stattgehabte HBV-Infektion
hin. Offensichtlich durch die unterschiedliche Immunreaktion des
Wirtsorganismus bestimmt, entwickelt sich dagegen bei Kindern im
Schulalter in 25 – 50 % und bei Erwachsenen in etwa 10 % eine
chronische Infektion. Die jährlich mindestens 750 – 1.500
chronischen HBV-Infektionen bei Neugeborenen in Deutschland stellen
nicht nur ein konstantes Virusreservoir dar, 20 – 30 % von
ihnen sterben im Jugend- oder Erwachsenenalter an Zirrhosen oder
hepatozellulären Karzinomen. Als Folge der perinatalen Infektion
sind demnach pro Jahr 200 – 400 Todesfälle zu erwarten.
Um die vertikale Transmission des HBV zu unterbinden, ist ein generelles
Schwangerenscreening auf HBs-Ag nach der 32. Schwangerschaftswoche
und die passiv-aktive Impfung aller Kinder HBs-Ag-positiver Mütter
gleich nach der Geburt erforderlich. Diese Maßnahmen dürften
nicht nur zu einer effektiven Unterbrechung der Infektionskette
führen, sondern erscheinen auch nach den Erfahrungen aus anderen
Ländern volkswirtschaftlich als sehr sinnvoll. Da die Infektion
in der Regel unter der Geburt stattfindet, ist die passiv-aktive
Impfung aller Kinder HBs-Ag-positiver Mütter unmittelbar post
partum mit Auffrischimpfungen nach 4 Wochen und 6 Monaten erforderlich.
Die Immunisierung verhindert in bis zu 95 % der Fälle eine
Infektion, allerdings kann es bei sehr hohen HBV-DNA-Konzentrationen
trotz Impfung zur vertikalen Transmission kommen (69, 70, 74, 146,
152, 177). Möglicherweise ist es günstig, bei HBs-Ag-positiven
Müttern mit hoher Virämie diese durch eine Therapie mit
Lamivudin im letzten Schwangerschaftsmonat zu reduzieren, um das
Risiko eines Impfmisserfolgs beim Kind zu verringern (203). Zur
weiteren Evaluierung dieses Therapieansatzes sind größere
kontrollierte Studien notwendig. Bei der hohen Effektivität
auch einer ausschließlich aktiven Schutzimpfung erscheint
es sinnvoll, zukünftig die allgemeine Impfung von Neugeborenen
und Kleinkindern zu empfehlen.
Die Schwangere, die einem hohen Risiko einer HBV-Infektion ausgesetzt
ist, kann nach den bisherigen Erfahrungen gefahrlos aktiv immunisiert
werden, da der zur Verfügung stehende inaktivierte Hepatitis-B-Impfstoff
keine Virämie erzeugt. Ist ein sofortiger Impfschutz erforderlich,
empfiehlt sich die kombinierte aktiv-passive Immunisierung. Gleichzeitig
schützt eine solche HBV-Prophylaxe gegen Hepatitis D (Tab.
1.6).
Auch das Hepatitis C-Virus wird wie das HBV überwiegend
durch Blut, Blutprodukte und Sekrete übertragen. Die innerfamiliäre
oder sexuelle Übertragung scheint relativ selten zu sein, besonders
im Vergleich zur HBV-Infektion. Das Infektionsrisiko der Neugeborenen
liegt bei 4 – 6 %, wobei dieses Risiko mit dem Titer der HCV-RNA
bei der Mutter korreliert. Eine hohe Transmission des HCV findet
sich bei Kindern von HIV-Infizierten oder anderen Risikogruppen.
Wie bei der Hepatitis B entwickeln die infizierten Kinder in über
80 % eine chronische Infektion, selten heilt die Hepatitis C spontan
aus. Entsprechend dürfte auch hier nach 20 bis 30 Jahren das
Risiko der Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms und
einer Leberzirrhose erhöht sein. Zur Prophylaxe der Hepatitis
C existieren derzeit nur die Möglichkeiten der Expositionsprophylaxe
(69, 70, 74, 154, 204).
Berichte über eine vertikale Transmission des Hepatitis
D-Virus liegen nur vereinzelt vor. Voraussetzung ist das
gleichzeitige Vorliegen einer HBV-Infektion. Anti-HDV-Antikörper
werden passiv dem Feten übertragen und verschwinden innerhalb
von drei Monaten. Eine Immunprophylaxe gegen HBV verhindert auch
eine perinatale Infektion mit HDV.
Sichere Aussagen zur Infektionskette des GB-Virus C
(HGV/GBV-C), das ebenfalls wie das HCV zur Familie der Flaviviridae
gehört, lassen sich augenblicklich noch nicht machen. Möglicherweise
ist das Infektionsrisiko der Neugeborenen höher als bei einer
HCV-Infektion, besonders begünstigt wird die Transmission offensichtlich
auch hier bei HIV-Infizierten und anderen Risikogruppen. Wahrscheinlich
ist das Risiko einer persistierenden Infektion bei HGV-RNA positiven
Kindern erhöht, Zeichen einer Lebererkrankung finden sich jedoch
nicht (134).
Insgesamt dürften Infektionen mit HDV und GBV-C,
aber auch mit HEV in Westeuropa keine größere
Rolle für die perinatale Hepatitis spielen. Die akute
Hepatitis E, zumeist endemisch und epidemisch in den Staaten
der 3. Welt auftretend, wird analog zum HAV vor allem fäko-oral
übertragen. Während die Hepatitis A vor allem Kinder und
Jugendliche befällt, findet sich eine Häufung der Hepatitis
E bei Erwachsenen im 2. bis 4. Lebensjahrzehnt. In Endemiegebieten
werden gerade bei schwangeren Frauen im letzten Trimenon fulminante
Verläufe einer Hepatitis E beobachtet mit einer Letalität
bis zu 20 %. Im Vergleich zu den anderen Virushepatitiden ist die
Abortrate deutlich erhöht und möglicherweise besteht auch
eine erhöhte vertikale Transmission mit signifikant erhöhter
perinataler Morbidität und Mortalität. Die Ursache für
die hohe Komplikationsrate bei Schwangeren ist unklar. Zu diskutieren
sind Eigenarten des Virus selbst oder die häufig vorliegenden
mangelhaften Ernährungs- und Hygieneverhältnisse. In Europa
wird die akute Hepatitis E selten und zumeist nach Auslandsaufenthalten
beobachtet (9, 14, 74, 95).
Neben den klassischen Hepatitisviren A bis E kommen noch weitere,
primär nicht hepatotrope Viren wie Herpes simplex-Viren (HSV),
Zytomegalie-Virus (CMV) oder Epstein-Barr-Virus (EBV) für die
Ausbildung einer Hepatitis in der Schwangerschaft in Frage.
Von diesen Erregern der Herpesgruppe weisen HSV
und CMV mit fortschreitender Schwangerschaft eine zunehmende Reaktivierungsrate
auf, und sie können wahrscheinlich begünstigt durch eine
Verminderung der zellulären Immunität besonders im 3.
Trimenon eine fulminante Hepatitis mit hoher mütterlicher und
fetaler Letalität (40 – 50 % der Fälle) auslösen
(3, 48).
Ebenso können bakterielle und parasitäre Infektionen
(Leptospiren, Mykobakterien, Treponemen, Amöben, Echinokokken,
Plasmodien etc.) zur seltenen Ursache einer Leberschädigung
und gelegentlich auch eines Ikterus während der Schwangerschaft
werden.
Hier ist auch der Ikterus bei schweren bakteriellen Allgemeininfektionen
und Sepsis (z. B. septischer Abort, Puerperalsepsis, Urosepsis)
zu erwähnen. Ursache des Ikterus ist eine toxische Leberzellschädigung,
eine Hämolyse kann hinzutreten.
↑ ↑
↑
1.2.1.2. Chronische Virushepatitis
Persistiert die Virusinfektion über 6 Monate und weist die
Leber des Patienten histologisch ein unterschiedlich ausgeprägtes
entzündliches Infiltrat auf, liegt eine chronische
Hepatitis vor. Die Infektion mit dem Hepatitis B-Virus
verläuft in 5 – 10 %, die Hepatitis C-Infektion in bis
zu 80 % der Fälle chronisch. Als inkomplettes, defektes Virus
tritt das Hepatitis D-Virus nur gemeinsam mit dem Hepatitis B-Virus
auf. Während die Koinfektion in bis zu 90 % ausheilt, verläuft
die Superinfektion in der Regel chronisch. Hepatitis A und E führen
nicht zu einer chronischen Verlaufsform. Die früher geltende
histologische Klassifikation in eine chronisch-persistierende, chronisch-aktive
und chronisch-lobuläre Hepatitis ist heute abgelöst worden
durch das Konzept des Grading and Staging. Durch Angabe der Grundkrankheit,
der Stärke der entzündlichen Aktivität und des Ausmaßes
des fibrotischen Umbaus ist es jetzt möglich, die Krankheitsprogression
wie auch mögliche Therapieeffekte besser abzuschätzen.
Im Vergleich zur akuten Virushepatitis sind Berichte über
Schwangerschaften bei chronischen Virushepatitiden
seltener. Schwangerschaften bei chronischer Hepatitis mit minimaler,
milder oder mäßiggradiger Entzündungsaktivität
bzw. Fibrose beeinflussen weder die Lebererkrankung noch sind Komplikationen
für die Schwangerschaft zu erwarten, und selbst bei schweren
chronischen Hepatitiden mit hoher Entzündungsaktivität
und schwerer Fibrose wird in den meisten Fällen die Leberfunktion
nicht negativ beeinflußt. Die kindliche Prognose ist dagegen
bei einer chronischen Hepatitis schwerer Aktivität durch eine
erhöhte Inzidenz von Frühgeburtlichkeit, Mangelentwicklung
und perinataler Mortalität eingeschränkt (Tab.
1.5) (66, 69, 70, 74). Bei den virusinduzierten chronischen
Hepatitiden haben sich Interferone als therapeutisch wirksam erwiesen.
Zwar konnten in Einzelfällen unter der Behandlung mit alpha-Interferon
Schwangerschaften normal ausgetragen werden, doch reichen diese
geringen Erfahrungen nicht aus, die Monotherapie mit alpha-Interferon
zur Behandlung der chronischen viralen Hepatitiden während
der Schwangerschaft zu empfehlen. Auch von einer Gabe von Interferon-alpha
bei der akuten Hepatitis C, wie es außerhalb der Schwangerschaft
wegen der hohen Neigung zur Chronizität diskutiert wird, ist
während der Schwangerschaft abzuraten. Kontraindiziert ist
die Interferon-Ribavirin-Kombinationstherapie bei chronischer Hepatitis
C, da beim Nukleosid-Analogon Ribavirin offensichtlich ein signifikantes
teratogenes Risiko für den Feten besteht. Ebenso kann Lamivudin
außerhalb von Studien als Option zur Therapie der chronischen
Hepatitis B nicht empfohlen werden, da auch bei diesem Nukleosid-Analogon
Studien über die Unbedenklichkeit während der Schwangerschaft
nicht vorliegen. Wie bei der akuten Virushepatitis B sollten auch
die Neugeborenen von Müttern mit einer chronischen Hepatitis
B sofort nach der Geburt kombiniert passiv-aktiv immunisiert werden
(70, 78). Beim Vorliegen chronischer Virushepatitiden ist nicht
nur das materno-fetale Übertragungsrisiko, sondern auch die
Möglichkeit einer paterno-fetalen Virustransmission zu berücksichtigen.
Bei chronischer HBV-Infektion des Ehemannes ist die Möglichkeit
einer Virustransmission durch infizierte Spermien wahrscheinlich
gegeben. Bei Vorliegen einer chronischen Hepatitis C des Ehemannes
wird zur Risikoreduktion das Verfahren der assistierten Reproduktion
mit aufbereiteten Spermien diskutiert (194).
↑ ↑
↑
1.2.2. Medikamentöse und toxische Leberschäden
Während der Schwangerschaft nehmen zwischen 30 und 80 % aller
schwangerer Frauen die verschiedensten Arten und Kombinationen von
Pharmaka ein. Dies erfolgt aufgrund einer behandlungsbedürftigen
Erkrankung, nicht selten werden aber auch Medikamente in Unkenntnis
einer bereits bestehenden Schwangerschaft eingenommen. Zusätzliche
Einflüsse können von chemischen Substanzen
in der Ernährung, im Haushalt oder in der Industrie ausgehen.
Bei derartigen Expositionen wird in erster Linie an Fehlbildungen
und bleibende Schäden des Feten gedacht. Die zentrale Rolle
der Leber in der Biotransformation von pharmakologischen oder chemischen
Substanzen macht aber auch verständlich, daß die verschiedensten
Substanzgruppen leberschädigende Wirkungen entfalten können.
Man nimmt an, dass in Deutschland etwa 500 – 1000 Pharmaka
potentiell hepatotoxisch sein können. Man unterscheidet im
Wesentlichen zwei Formen der chemisch-toxischen Leberzellschädigung,
die direkt toxische und die idiosynkratische Form. Das Bild einer
durch Medikamente und exogene Toxine hervorgerufenen Leberschädigung
ist vielgestaltig, jede andere Lebererkrankung kann imitiert werden.
Am häufigsten findet sich jedoch klinisch, klinisch-chemisch
und histologisch das Bild einer intrahepatischen Cholestase, einer
toxischen Hepatitis oder einer Mischform zwischen diesen beiden
Reaktionsformen. Daher sollte bei vorliegender oder vermuteter Schwangerschaft
bei der Anwendung von Arzneimitteln der zu erwartende Nutzen nicht
nur gegen teratogene oder embryotoxische Schäden für die
Frucht, sondern auch gegen mögliche Gefahren für die Mutter
– d. h. hier besonders im Hinblick auf toxische Leberschäden
– abgewogen werden. Das Auftreten einer Leberschädigung
ist dabei jedoch nicht an die Schwangerschaft gebunden, und auch
die Schwere des Schadens und der klinische Verlauf lassen während
der Schwangerschaft keine Besonderheiten erkennen. Überwiegend
werden Arzneimittel-induzierte Cholestasen beobachtet, deren Schweregrad
und Dauer erheblich variieren können. Hauptsächlich wurde
dieses Bild bei Patientinnen mit Hyperemesis gravidarum beobachtet,
die mit Chlorpromazinderivaten behandelt wurden. Sehr viel seltener
als eine medikamentenbedingte Cholestase ist das Krankheitsbild
einer schweren Hepatitis (69, 70, 78).
Das Spektrum alkoholischer Lebererkrankungen
umfasst die asymptomatische bis symptomarme alkoholische Fettleber,
das variantenreiche Krankheitsbild der Alkoholhepatitis und schließlich
die alkoholtoxische Leberzirrhose. Eine Gefährdung von Mutter
und Kind besteht beim Auftreten einer akuten fulminant verlaufenden
Alkoholhepatitis und bei fortgeschrittenen Zirrhosen mit rascher
Progredienz und/oder der Verstärkung eines Pfortaderhochdrucks.
Das Hauptproblem eines übermäßigen mütterlichen
Alkoholkonsums in der Schwangerschaft besteht im Auftreten von Schäden
bei Embryo und Feten in Form der fetalen Alkoholeffekte und des
selteneren fetalen Alkoholsyndroms mit den typischen klinischen
Veränderungen.
↑ ↑
↑
1.2.3. Metabolische Lebererkrankungen
1.2.3.1. Morbus Wilson
Der Morbus Wilson ist eine seltene autosomal-rezessiv
vererbte Kupferspeicherkrankheit mit einer Erkrankung pro 30.000
Lebendgeburten. Das veränderte Wilson-Gen (ATP 7B), das auf
Chromosom 13 liegt und von dem bisher über 200 verschiedene
Mutationen beschrieben wurden, führt zu einer progredienten
Kupferablagerung vor allem in Leber und Gehirn (hepatolentikuläre
Degeneration). In der Regel werden die Patienten klinisch symptomatisch
im Jugend- oder jungem Erwachsenenalter. Entsprechend der vorherrschenden
Symptomatik kann der Morbus Wilson in eine hepatische, eine neurologisch-psychiatrische
oder eine gemischte Form klassifiziert werden. Das Bild der hepatischen
Manifestation ist vielgestaltig. Es reicht von der inaktiven Hepatitis
über die chronisch-aktive Hepatitis bis hin zur Leberzirrhose
mit ihren typischen Komplikationen. Als akuter Morbus Wilson wird
eine fulminant verlaufende akute Hepatitis verstanden, die in etwa
5 % der Fälle auftritt, häufig mit einer Coombs-negativen
akuten Hämolyse assoziiert ist und bei der in der Regel die
hochdringliche Lebertransplantation diskutiert werden muß.
Betroffen sind meist junge Menschen im 2. oder 3. Lebensjahrzehnt
mit einer Bevorzugung des weiblichen Geschlechts gegenüber
dem männlichen im Verhältnis 3:1. Nur die frühe Diagnose
des Morbus Wilson (Nachweis von erniedrigtem Coeruloplasmin und
hoher Kupferausscheidung im Urin, eines Kayser-Fleischer-Kornealrings
sowie von extrapyramidal-motorischen Symptomen) und eine konsequente
lebenslange Therapie verhindern ein Fortschreiten der Erkrankung.
Die Standardtherapie besteht aus der Gabe von Chelatbildnern: D-Penicillamin
(900 - 2400 mg/Tag) oder von Trientine (1200 - 2700 mg/Tag) in Kombination
mit Zinksalzen.
Ausgeprägte sekundäre Organschäden führten
früher beim unbehandelten Morbus Wilson zur Einschränkung
der Fertilität, so dass Schwangerschaften
seltene Ausnahmen darstellten. Eine primäre oder sekundäre
Amenorrhö oder wiederholte Spontanaborte, die möglicherweise
durch erhöhte Kupferkonzentrationen in intrauterinen Sekreten
induziert werden, müssen den Verdacht auf einen Morbus Wilson
lenken. Seit Einführung der spezifischen Therapie nimmt die
Zahl der Beobachtungen von erfolgreichen und komplikationslosen
Schwangerschaften ständig zu: In über
150 Schwangerschaften wurde D-Penicillamin, in über 20 Trientine
eingesetzt. Eine Teratogenität der Chelatbildner oder von Zink
konnte bisher nicht gesehen werden. Durch den vermehrten Kupferbedarf
des Feten und aufgrund des schwangerschaftsspezifischen Anstiegs
des Coeruloplasmins kann es zu einer kurzzeitigen Besserung des
Krankheitsverlaufs kommen, so dass für die letzten 6 Wochen
eine Dosisreduzierung des Penicillamins auf 25 – 50 % der
Ausgangsdosis empfohlen wird. Eine adjuvante Gabe von Vitamin B6
(20 – 40 mg/Tag) sollte fortgeführt werden. Die kupferentspeichernde
Therapie sollte bei schwangeren Patientinnen jedoch unter keinen
Umständen unterbrochen werden, um keine akuten Wilson-Krisen
zu riskieren. Die Differentialdiagnose von HELLP-Syndrom und akutem
M. Wilson kann im Einzelfall schwierig sein (Tab. 1.5)
(70, 74, 78, 118, 131, 176, 181, 192).
↑ ↑
↑
1.2.3.2. Hepatische Porphyrien
Die hepatischen Porphyrien sind eine heterogene
Gruppe von Stoffwechseldefekten, die auf verschiedenen Gendefekten
der Enzyme entlang der Hämbiosynthese beruhen. Zu unterscheiden
sind akute und chronische hepatische Porphyrien. Die akuten Formen,
die überwiegend Frauen betreffen, weisen eine komplexe klinische
Symptomatik auf, die insbesondere von intermittierenden Anfällen
starker abdomineller Schmerzen und von kardiovaskulären und
neuropsychiatrischen Symptomen geprägt ist. Da die akute
intermittierende Porphyrie bevorzugt bei Frauen in der
zweiten bis vierten Lebensdekade auftritt, werden Schwangerschaften
vorwiegend bei dieser autosomal-dominant vererbten Porphyrieform
gesehen, während Schwangerschaften bei den anderen hepatischen
Porphyrien (89, 96) zu den Seltenheiten gehören. Heute geht
man davon aus, dass Schwangerschaften kein erhöhtes Risiko
für Mutter und Kind darstellen. In früheren Jahren war
man von einer schubprovozierenden und die Erkrankung aggravierenden
Wirkung der Schwangerschaft ausgegangen. Dies läßt sich
einerseits darauf zurückführen, daß ein nicht unbeträchtlicher
Teil dieser Graviden gleichzeitig porphyrinogene Pharmaka, vor allem
Barbitursäure-Präparate, eingenommen hatte, andererseits
vorzugsweise solche Fälle publiziert wurden, in denen es während
der Schwangerschaft zu einer Manifestation oder Exazerbation der
akuten Porphyrie gekommen war. Die Wahrscheinlichkeit der Vererbung
des Defekts für jedes Kind beträgt 50 % (1, 15, 70, 74,
96, 166).
Das Risiko einer Kontrazeption mittels Ovulationshemmern
wird unterschiedlich beurteilt. Teils schreibt man ihnen
eine krisenauslösende Wirkung, teils eine günstige Beeinflussung
der Erkrankung zu. In den seltenen Fällen, wo ein Zusammenhang
zwischen Krise und prämenstrueller Phase besteht (ovulozyklische
Formen) wird ein Therapieversuch mit oralen Kontrazeptiva empfohlen
(70, 74, 149).
↑ ↑
↑
1.2.3.3. Hyperlipoproteinämien
Die Leber nimmt im Fettstoffwechsel eine zentrale Rolle ein, regelt
sie u.a. im Wesentlichen die Produktion und die Elimination der
verschiedenen Lipoproteine. Dies macht verständlich, dass Störungen
der Leberfunktion auch den Lipidmetabolismus beeinträchtigen
und zu komplex veränderten Lipoproteinmustern führen können.
Nach ihrer Zusammensetzung werden bei den Lipoproteinen 5 Hauptklassen
unterschieden: triglyzeridreiche Chylomikronen und very-low-density-Lipoproteine
(VLDL), intermediate-density-Lipoproteine (IDL), cholesterinreiche
low-density-Lipoproteine (LDL) sowie für den reversen Cholesterintransport
verantwortliche high-density-Lipoproteine (HDL). Die Apolipoproteine
(z.B. Apo B-100 assoziiert mit VLDL, IDL und LDL sowie Apo A-1 mit
HDL und Chylomikronen) regeln den Transport und den Metabolismus
dieser Lipoproteine.
Die Hyperlipoproteinämien lassen sich in
isolierte Hypercholesterinämien, isolierte Hypertriglyzeridämien
und in kombinierte Hyperlipidämien einteilen. Abhängig
von der Pathogenese werden primäre von sekundären Hyperlipidämien
unterschieden. Die primären Dyslipoproteinämien sind genetisch
definiert und haben monogene oder polygene Störungen zur Ursache.
Häufiger sind sekundäre Formen als Folge von Erkrankungen
(Adipositas, Diabetes mellitus, Hypothyreose, M. Cushing, Lebererkrankungen,
nephrotisches Syndrom, Alkoholabusus u.a.) oder einer Pharmakotherapie
(Östrogene, anabole Steroide, Glukokortikoide, Thiazide, einige
Betablocker u.a.). Allerdings sind die Grenzen zwischen diesen beiden
Formen fließend. Eine primär genetische Störung
kann durch Ernährungseinflüsse, Medikamente und Erkrankungen
manifest oder aggraviert werden.
In der normalen Schwangerschaft verändern
sich die Lipid- und Apolipoproteinspiegel und steigen signifikant
an. Diese Veränderungen beginnen im ersten Trimenon, erreichen
ihr Maximum im dritten und normalisieren sich in den ersten 6 Wochen
post partum, überwiegend (wie die Triglyzeride) bereits in
der ersten Woche. Der Anstieg betrifft vor allem die Triglyzeride
im Mittel um das 2- bis 3-fache, das Gesamtcholesterin um das 1,5-
bis 2-fache und die Phospholipide um das 1,5-fache, aber auch geringer
die freien Fettsäuren und Lipoprotein (a). Der HDL-Cholesterinspiegel
steigt zwar bis zur 24. Schwangerschaftswoche an, fällt dann
jedoch ab, um bei der Entbindung nur noch 15 % über den Ausgangswerten
zu liegen (92, 99, 123).
Diese Veränderungen des Fettstoffwechsels lassen sich zum
Teil mit der hormonellen Umstellung in der Schwangerschaft erklären.
Diskutiert werden Effekte von Östrogenen, Progesteron, Kortisol,
Choriongonadotropin, humanem plazentaren Laktogen, Insulin und Glukagon.
Die erhöhten Triglyzeridspiegel, bedingt durch vermehrte Produktion
und verminderten Katabolismus von VLDL, resultieren im Wesentlichen
aus dem Anstieg der Östrogene. In früheren Studien sah
man den gleichen Effekt unter oralen Kontrazeptiva. Dosisabhängig
erhöhten Östrogene die Triglyzeride in allen Lipoproteinfraktionen,
während Gestagene diesem Anstieg entgegenwirkten (49, 99, 200).
Bei der Schwangerschaftshyperlipoproteinämie
handelt es sich somit um eine sekundäre gemischte Hyperlipidämie.
Sie ist als physiologischer Regulationsvorgang sowohl für die
adäquate Versorgung des Feten mit einem materno-fetalen Transfer
von VLDL und IDL als auch für die Bereitstellung von Bausteinen
für die plazentare Hormonsynthese von Bedeutung und damit nicht
therapiebedürftig.
Eingehende lipidanalytische Untersuchungen sind
in der Schwangerschaft angezeigt bei:
- bekannten primären Dyslipoproteinämien,
- Verdacht auf einen entsprechenden genetischen Hintergrund,
- Vorliegen sekundärer Ursachen einer Hyperlipoproteinämie,
- Bestehen einer hypertensiven Schwangerschaftserkrankung,
- unklarer fetaler Wachstumsretardierung und
- fehlender Normalisierung der Lipidwerte nach Ende des Wochenbetts
(184, 190).
Erhöhte Cholesterinspiegel und verminderte Konzentrationen
der HDL im Plasma gelten als bedeutsame Risikofaktoren der Arteriosklerose.
Für die Annahme, dass mehrfache Schwangerschaften aufgrund
der physiologischen kombinierten Hyperlipidämie ein atherogenes
Risiko in sich bergen, existieren keinerlei Hinweise. Schwangerschaften
bei familiärer Hypercholesterinämie mit Erhöhung
von LDL (Typ IIa nach Frederickson) bzw. bei kombinierter Hyperlipidämie
mit Erhöhung von LDL und VLDL (Typ IIb) sind in Einzelfällen
beschrieben. Angina pectoris und Myokardinfarkte können sich
auch in der Schwangerschaft manifestieren.
Ausgeprägte Hypertriglyzeridämien (über 1000 mg/dl)
aufgrund erhöhter VLDL oder Chylomikronen sind als Ursache
von akuten Oberbauchschmerzen oder akuter Pankreatitis von klinischer
Relevanz. Pathophysiologisch wird hier eine Verminderung der rheologischen
Eigenschaften des Blutes, besonders durch die Chylomikronen, diskutiert.
Für unser Thema von größerer Bedeutung sind daher
die primären Hypertriglyzeridämien mit Erhöhung von
VLDL, Chylomikronen oder Chylomikronen plus VLDL (entsprechend Typ
IV, I, V) wie auch die sekundären Formen, die bei hohen Werten
mit Hepatosplenomegalie, Bauchschmerzen und akuter Pankreatitis
einhergehen können (31, 33, 122).
Da Lipidsenker in der Schwangerschaft sehr selten
indiziert sind, fehlen Erfahrungen und sie gelten hier wie in der
Stillzeit als kontraindiziert. Dennoch rechtfertigt eine erfolgte
Medikation nicht einen Schwangerschaftsabbruch. Die bisher vorliegenden
Daten seien im Folgenden kurz zusammengefasst.
Die Cholesterinsynthese-Enzymhemmer (CSE-Hemmer)
zeigen im Tierversuch nur in hoher Dosierung embryotoxische und
teratogene Wirkungen. Beim menschlichen Fetus wäre eine Schädigung
durch die Synthesehemmung von Cholesterin und anderen Zwischenprodukten
der Cholesterinbiosynthese möglich. In retrospektiven Einzelfallberichten
und prospektiven Fallsammlungen wurden verschiedene Fehlbildungen
beobachtet, jedoch wurden auch zahlreiche Verläufe mit normalem
Schwangerschaftsausgang nach Therapie im ersten Trimenon mitgeteilt.
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist derzeit weder für
die Statine noch für die anderen Präparate eine statistische
Risikoberechnung möglich. Probucol gilt wegen
seines nicht völlig geklärten Wirkungsmechanismus und
seiner langen Halbwertzeit von bis zu 30 Tagen zu Recht als absolut
kontraindiziert. Es muss mindestens ein halbes Jahr vor einer geplanten
Schwangerschaft abgesetzt werden. Die wasserunlöslichen Anionenaustauscherharze
Colestyramin und Colestipol werden enteral nicht resorbiert, sondern
vollständig mit dem Stuhl ausgeschieden. Nur bei sehr hoher
Dosierung können eine Fettmalabsorption und ein Mangel an fettlöslichen
Vitaminen resultieren. Da bei niedriger Dosis (bis 9 g pro Tag)
über mehrere Monate ohne die genannten Nebenwirkungen therapiert
werden und eine eventuell notwendige Kompensation durch mittelkettige
Triglyzeride und Vitaminsubstitution erfolgen kann, sind aus unserer
Sicht Anionenaustauscherharze in der Schwangerschaft als relativ
sicher anzusehen. Bei allen Fibraten und deren
Analoga ist wegen verminderter fetaler Glucoronidkonjugation besonders
im dritten Trimenon mit einer Kumulation zu rechnen. Fehlbildungen
sind allerdings weder beim Tier noch beim Menschen bislang berichtet
worden. Bei der Nikotinsäure handelt es sich um eine physiologische
Substanz mit kurzer Halbwertzeit von 30 Minuten. Bei einer Gabe
von 2 g pro Tag ergaben sich bisher keine Anhaltspunkte für
eine Toxizität für den Fetus. Trotzdem sollte man in der
Schwangerschaft aus Sicherheitsgründen erst bei Triglyzeridwerten
über 1000 mg/dl, wenn die Mutter akut gefährdet ist, Nikotinsäure
einsetzen. Eine Kombination mit Austauscherharzen dürfte in
der Schwangerschaft ebenfalls möglich sein. Eine derartige
medikamentöse Therapie ist jedoch erst dann gerechtfertigt,
wenn es mit diätetischen Maßnahmen (Fettreduktion auf
15 % der Energiezufuhr, Anbieten von mittelkettigen Triglyzeriden,
Reduktion von Zucker, Verbot von Alkohol) nicht gelingt, die Triglyzeridwerte
deutlich unter 1000 mg/dl zu senken (77, 110).
↑ ↑
↑
1.2.3.4. Hepatische Glykogenosen
Die Glykogenspeicherkrankheiten sind genetisch
determiniert und werden meistens autosomal-rezessiv vererbt. Defekte
können nahezu jedes der im Glykogenmetabolismus involvierten
Enzyme betreffen. Die Inzidenz aller Glykogenosen beträgt eine
Erkrankung auf 20.000 Lebendgeburten. Durch bessere diagnostische
und therapeutische Möglichkeiten erreichen heute viele Patienten
das Erwachsenenalter. Auf die folgenden Formen der hepatischen
Glykogenosen, die im Wesentlichen durch Hepatomegalie und
Hypoglykämien gekennzeichnet sind und die wahrscheinlich keine
schwere Einschränkung der Fertilität aufweisen, sei hier
hingewiesen (21):
Hepatische Glykogenose |
Enzymdefekt |
Typ Ia (von Gierke) |
Glukose-6-Phosphatase |
Typ Ib |
Glukose-6-Phosphat-Translokase |
Typ IIIa (Cori, Forbes) |
1,2-Amylo-1,6 Glukosidase |
(weitere Varianten) |
|
Typ VI (Hers) |
hepatische Phosphorylase |
Typ IX |
Phosphorylasekinase |
Kinder mit Glykogenosen vom Typ I weisen die folgenden
klinischen Merkmale auf: Neigung zu Hypoglykämien, erhöhte
Konzentrationen von Laktat, Harnsäure, Cholesterin und Triglyzeriden
sowie eine Wachstumsverzögerung. Der seltenere Subtyp
Ib (etwa 10 % der Fälle) kann zusätzlich rezidivierende
bakterielle Infektionen infolge Neutropenie und Neutrophilendysfunktion
ebenso wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen entwickeln.
Die Bildung von hepatischen Adenomen in der zweiten und dritten
Lebensdekade sowie Nierenerkrankungen (Proteinurie, Steinbildung,
Hypertonie) gehören zu den Spätkomplikationen.
Kinder mit Typ III-Glykogenosen weisen klinisch
ein ähnliches Bild wie Typ I-Glykogenosen auf (Hepatomegalie,
Minderwuchs, Hypoglykämie, Hyperlipidämie, Wachstumsretardierung).
Beim Subtyp IIIa (85 % der Patienten) finden sich
zusätzlich zur Leberbeteiligung Myopathien von Skelett- und
Herzmuskulatur. Beim Subtyp IIIb ist ausschließlich
die Leber beeinträchtigt. Gleichzeitige Nierenerkrankungen
weisen Typ III-Patienten nicht auf.
Durch eine effektive Therapie lässt sich die Prognose der
betroffenen Kinder verbessern (häufige kohlenhydratreiche Mahlzeiten
aus Maisstärke, bei Typ I Restriktion der Fruktose und Galaktoseaufnahme
sowie Gicht-Intervallbehandlung etc.), so dass heute die überwiegende
Zahl das Erwachsenenalter erreichen. Bei Typ III-Glykogenosen verschwinden
die hepatischen Symptome postpubertär, die Muskelschwäche
ist dagegen bei Typ IIIa progredient.
Die Pubertät tritt meistens verspätet
ein. Bei der hormonalen Kontrazeption ist auf Ethinylestradiol
zu verzichten aufgrund der Bedeutung in der Pathogenese von Hyperlipidämie
und Leberadenomen. Obwohl die Fertilität anscheinend
nicht wesentlich beeinträchtigt ist (Frauen mit Typ III-Glykogenose
weisen relativ häufig eine polyzystische Degeneration der Ovarien
auf), ist das Zusammentreffen von hepatischen Glykogenosen
und Schwangerschaft ausgesprochen selten. Die Hauptgefährdung
für Mutter und Kind gehen von Hypoglykämien, die strenger
diätetischer Maßnahmen bedürfen, aus, aber auch
von der Entwicklung einer Niereninsuffizienz (Typ I) oder einer
Kardiomyopathie (Typ III) bei der Mutter. Anstelle des Urikostatikums
Allopurinol zur Harnsäureelimination sollte dem in der Schwangerschaft
sichereren Probenecid der Vorzug gegeben werden. Fallberichte von
erfolgreichen Schwangerschaften sowohl bei Typ Ia wie bei Typ IIIa
wurden publiziert. Sogar nach kombinierter Nieren- und Lebertransplantation
bei Glykogenose Typ Ia konnte eine Schwangerschaft erfolgreich ausgetragen
werden (21, 27, 39, 77, 86, 101, 105, 115, 164).
Eine eigene Beobachtung einer 1957 geborenen Patientin
mit Glykogenose Typ Ia weist in typischer Weise einen proportionierten
Minderwuchs (150 cm, 43 kg), ein Puppengesicht und eine Hepatomegalie
auf (Abb. 1.4). Als Kind fiel die Patientin bereits
durch Hepatomegalie, Minderwuchs, Fettpolster im Bereich der Wangen,
niedrige Blutzuckerspiegel ohne klinische
Abb. 1.4 Glykogenose Typ Ia. 30-jährige Patientin
mit proportioniertem Kleinwuchs und Puppengesicht. Hepatomegalie
ohne Splenomegalie.
Symptomatik, Hypertriglyzeridämie (bis 1314 mg/dl), mäßiggradige
Hypercholesterinämie (bis 260 mg/dl) und Anämie auf. Diätetische
Maßnahmen erfolgten nicht. Erst 1970 wurde histologisch-enzymatisch
das Vorliegen einer Glykogenose Typ Ia gesichert, seither häufige
kohlenhydratreiche Kost. 1978 wurde die rechte Niere bei chronischer
Pyelonephritis und bei Vorliegen von Harnsäuresteinen operativ
entfernt. 1979 und 1984 mussten perianale Fisteln operativ versorgt
werden, seit 1980 traten intermittierend Durchfälle auf, ohne
dass hier nach Ursachen gefahndet wurde.
Die 1. Schwangerschaft im Jahre 1983 wurde bei
drohender Plazentainsuffizienz 2 Wochen vor dem Termin in der 39.
Schwangerschaftswoche durch Kaiserschnitt beendet. Das 2270 g schwere
unreife männliche Neugeborene verstarb 2 Tage nach der Geburt
an einem schweren Atemnotsyndrom. Die Obduktion ergab keinen Hinweis
auf eine Glykogenose.
Die 2. Schwangerschaft ein Jahr später wurde
Ende der 40. Schwangerschaftswoche ebenfalls durch Sectio beendet,
gleichzeitig erfolgte die Sterilisatio. Das 3030 g schwere weibliche
Neugeborene war gesund.
Während der 2. Schwangerschaft fanden sich folgende
Laborwerte (Normalwerte in Klammern):
Hb 103 g/l (120 – 160 g/l)
Ery 4,0 T/l (3,9 – 5,3 T/l)
Nüchternblutzucker 60 – 80 mg/dl (50 – 100 mg/dl)
Lactat 4,0 mmol/l (1,0-1,8 mmol/l)
Harnsäure 3,4 mg/dl (2,4 – 5,7 mg/dl)
Triglyzeride 400 – 800 mg/dl (<200 mg/dl)
Cholesterin 190 – 240 mg/dl (<200 mg/dl)
GOT 13 U/l (< 15 U/l)
GPT 18 U/l (<19 U/l)
γ-GT 12 U/l (<18 U/l).
1986 wurde ein Morbus Crohn mit Befall von terminalem Ileum, Coecum
und Rektum endgültig gesichert. Noch 1986 erfolgte die Ileocoecalresektion
mit Ileoascendostomie bei Konglomerattumor und Abszessbildung. Wiederholte
Operationen von Analfisteln und –abszessen bei anorektalem
Morbus Crohn führten zur Zerstörung des Kontinenzorgans.
Des Weiteren bestehen jetzt Leberrundherde (bisher keine histologische
Sicherung der vermuteten Adenome), eine Cholezystolithiasis, eine
Osteoporose und eine Nephropathie der verbliebenen linken Niere
mit rezidivierenden Infekten bei Harnsäuresteinen.
Zusammenfassend zeichnet sich diese Patientin mit Glykogenose Typ
Ia durch zwei Besonderheiten aus. Zum einen konzipierte sie zweimal
trotz Vorliegen von Laktatazidose, Hyperlipidämie, Hyperurikämie,
Hypoglykämieneigung, Anämie und Nierenerkrankung. Zum
anderen besteht gleichzeitig ein Morbus Crohn, wobei eine derartige
Assoziation bisher nur bei Glykogenosen vom Typ Ib beschrieben wurde.
Bei dem 1963 geborenen Bruder der Patientin besteht ebenfalls eine
Glykogenose Typ Ia (152 cm, 45 kg), auch hier wurde die Diagnose
1970 gesichert. Eine ausgeprägte Hypoglykämieneigung,
das Auftreten einer akuten Pankreatitis bei Triglyzeridwerten zwischen
1380 und 2150 mg/dl und der Nachweis von Leberrundherden im Jahre
1987 kennzeichnen den bisherigen klinischen Verlauf.
Anzumerken ist, dass eine weitere 1955 geborene Schwester im 9.
Lebensmonat verstarb bei Hepatomegalie und niedrigen Nüchternblutzuckerwerten,
das zwei Brüder des Großvaters väterlicherseits
und ein Bruder des Großvaters mütterlicherseits als Säuglinge
bzw. als Kleinkinder an unbekannter Krankheit verstarben.
Typ VI-Glykogenosen sind ausgesprochen selten
im Gegensatz zum x-chromosomal vererbten Subtyp der Typ
IX-Glykogenosen. Der Verlauf beider Typen ist symptomarm,
Hepatomegalie und Wachstumsretardierungen verschwinden postpubertär
(21). Da die Erwachsenen praktisch symptomlos sind, ist dies vielleicht
eine Erklärung dafür, dass Schwangerschaften bei
diesen „benignen“ Glykogenosen m. W. bisher nicht publiziert
wurden.
Keine Glykogenose im eigentlichen Sinne ist die Typ 0-Glykogenose.
Vielmehr führt ein Defekt der Glykogensynthetase zu einer verminderten
Glykogenspeicherung. Die bei Kindern auftretenden Hypoglykämien
und Hyperketonämien verschwinden im Erwachsenenalter. Lediglich
im Rahmen von Schwangerschaften können erneut
Hypoglykämien beobachtet werden (21).
↑ ↑
↑
1.2.3.5. Hereditäre Hämochromatose
Die hereditäre Hämochromatose ist durch
eine erhöhte intestinale Eisenresorption mit konsekutiver Eisenablagerung
in verschiedenen Geweben, besonders in Leber, Pankreas, Herz und
endokrinen Organen, charakterisiert. Es ist die häufigste angeborene
Stoffwechselerkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang. Aufgrund
der Eisenverluste durch Menstruation und Schwangerschaft manifestiert
sich die Erkrankung bei Frauen fünf- bis zehnmal seltener als
bei Männern. Auch ein Hypogonadismus – bei Männern
meist als Spätsymptom auftretend – findet sich selten
bei Frauen, da die Organschädigung durch die Eisenablagerung
erst nach der Menopause einsetzt. Lediglich eine ausgeprägte
Eisenüberladung kann auch bei jüngeren Frauen zu einer
primären oder sekundären Amenorrhoe führen. Während
eine Aderlasstherapie (Zielkriterium sind Serum-Ferritinwerte von
50 – 100 ng/ml) den Hypogonadismus bei Männern häufig
nicht bessert, stellen Aderlässe bei Frauen mit krankheitsbedingter
Amenorrhoe eine wirksame Therapie dar. Somit besitzt diese Erkrankung
nur in Ausnahmefällen eine geburtshilfliche Bedeutung (13,
34, 40).
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1.2.3.6. Morbus Gaucher
Der Morbus Gaucher als Multiorganerkrankung ist
durch eine pathologische Speicherung von Glukozerebrosiden gekennzeichnet.
Dies ist Folge eines autosomal-rezessiv vererbten Defektes in der
Aktivität des lysosomalen Enzyms Glucocerebrosidase. Die Klassifizierung
in die Typen 1 bis 3, die sich durch den Zeitpunkt der Manifestation,
der Schädigung des Gehirns und der Prognose unterscheiden,
wird zunehmend verlassen zugunsten einer Einteilung in akut und
chronisch neuropathische Formen (bisher Typ 2 und 3) und in eine
nicht-neuropathische Form (bisher Typ 1). Für unser Thema ist
ausschließlich die nicht-neuropathische Form
(Typ 1) von Bedeutung, die eine nahezu normale Lebenserwartung aufweist
und die mit einer Inzidenz in Mitteleuropa von 1 : 40.000 häufiger
ist als die anderen Formen.
Die nicht-neuropathische Form kann sich vom Kindes– bis zum
Erwachsenenalter manifestieren mit großen Unterschieden in
Schweregrad und Befall der inneren Organe. Bei symptomatischen Patienten
finden sich häufig eine Hepatosplenomegalie, eine Infiltration
des Knochenmarks mit Anämie und Thrombozytopenie sowie ein
Abbau des Knochengerüsts. Oft liegen geringe Leberfunktionsstörungen
vor, ein Leberversagen ist jedoch selten.
Bis in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde in
der Annahme, dass eine Schwangerschaft ein zu hohes
Risiko für die Gaucher-Patientin darstelle, von einer Schwangerschaft
abgeraten und ein therapeutischer Abort sowie eine Sterilisation
empfohlen (69, 186). Diese Auffassung wurde in der Folgezeit mit
der Verbesserung der Behandlungsmaßnahmen allmählich
revidiert und vielleicht ergeben sich mit den neuen Strategien des
Enzymersatzes bzw. der Substrathemmung auch für die Schwangerschaft
weitere erfolgreiche Therapieformen.
Bei etwa zwei Dritteln der Patientinnen setzt die Pubertät
verzögert ein, die Fertilität ist dann
jedoch nicht gestört. Die Spontanabortrate
ist möglicherweise leicht erhöht (53, 69, 160). Während
der Schwangerschaft bringt die Hepatomegalie keine
Probleme mit sich, die Leberfunktion ist nur selten leicht gestört.
Komplikationen ergeben sich eher aus der Beteiligung anderer Organe.
So wurden Schwangerschaften in Kombination mit Osteonekrosen, mit
Blutungskomplikationen bei Thrombozytopenie und Anämie, mit
Herzinsuffizienz bei Herzmuskelbeteiligung sowie mit Antiphospholipid-Syndrom
beschrieben (22, 23, 53, 175, 186). Als das Hauptproblem ist eine
Panzytopenie anzusehen, die aus der Milzvergrößerung
und der Knochenmarkverdrängung durch die Gaucher-Zellen resultiert.
Früher wurde in Einzelfällen eine Splenektomie durchgeführt,
ebenso wurden Kortikosteroide erfolgreich eingesetzt (186). Seit
über 10 Jahren steht nun eine gut wirksame Enzymersatztherapie
mit Imiglucerase und Alglucerase zur Verfügung. Die bisherigen
Erfahrungen an wenigen Schwangeren mit unterschiedlichen Symptomen
sind vielversprechend, fetotoxische Effekte ergaben sich bisher
nicht (38, 41, 175). Das Vorliegen eines Morbus Gaucher oder die
Behandlung mittels Enzymsubstitution rechtfertigen u. E. keinen
risikobegründeten Abbruch der Schwangerschaft. Für die
neue Therapieoption, die Synthese der Glucocerebroside durch Glucosylceramid-Synthase-Hemmstoffe
(z.B. Miglustat) zu reduzieren, fehlen bisher jegliche Erfahrungen
bei Schwangeren.
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1.2.4. Hereditäre Cholestasen
Eine heterogene Gruppe von Cholestase-Syndromen stellen die familiären
Formen der intrahepatischen Cholestase dar. Sie zeichnen sich durch
Defekte im Transport von Gallensäuren und Gallelipiden aus.
Da der Beginn der Cholestase im Säuglings- und Kindesalter
liegt, mit rascher Ausbildung einer Zirrhose, fasst man diese Lebererkankungen
unter dem Begriff der progressiven familiären intrahepatischen
Cholestase (PFIC) zusammen.
Beim PFIC Typ 1 (Bylers disease bzw. Byler syndrome) ließ
sich der Defekt auf dem ATP8B1 (FIC-1)-Gen, beim PFIC Typ 2 (Byler
like syndrome) auf dem ABCB11 (BSEP)-Gen und beim PFIC Typ 3 auf
dem ABCB4 (MDR-3)-Gen nachweisen. Gallensäurensynthesedefekte
können ebenfalls zu einer familiären Form der neonatalen
Cholestase führen. Differentialdiagnostisch sind vor allem
bei den Typen PFIC-1 und PFIC-2 die häufigeren Cholestase-Formen
Alagille-Syndrom (defektes Gen Jagged 1) und
extrahepatische Gallengangsatresie zu berücksichtigen.
Die Therapie der Kinder mit PFIC Typ 1 und 2 besteht in der partiellen
biliären Diversion (Cholezystoenterokutaneostomie), mit Typ
3 in der Gabe von Ursodesoxycholsäure, bei Therapieversagen
wird die Lebertransplantation erforderlich.
Diese kindlichen Cholestaseformen mit Progression zur Leberzirrhose
besitzen für unser Thema praktisch keine Bedeutung im Gegensatz
zu zwei milde verlaufenden Varianten, die sich oft erst im Erwachsenenalter
manifestieren. Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase
(ICP) und/oder die Bildung von Cholesteringallensteinen
lassen sich der PFIC-3 (diese Erkrankungen werden in Kapitel 1.3.1.
und 2. besprochen), die benigne rekurrierende intrahepatische
Cholestase (BRIC) der PFIC-1 zuordnen (8, 12, 17, 58, 76,
130, 138, 187).
Allerdings prädisponieren ABCB4-Mutationen nur bei bis zu
15 % der Schwangeren zur ICP. Die klinische Heterogenität der
ICP macht daher wahrscheinlich, dass auch weitere defekte Gene wie
FIC1 und BSEP involviert sind. Ebenso ist eine Beeinflussung von
Transportproteinen über Kernrezeptoren durch die erhöhten
Konzentrationen von Östrogenen, Progesteron und Kortikosteroiden
zu diskutieren (Tab. 1.7) (17, 44, 76, 90, 138,
168, 171, 187).
Tab. 1.7 Charakteristika der hereditären Cholestasen
Die BRIC (Summerskill-Walshe-Tygstrup-Syndrom)
ist ein rezidivierendes Cholestase-Syndrom, hervorgerufen
durch verschiedene Mutationen im ATP8B1 (FIC1)-Gen. Trotz oft extremem
Juckreiz bildet sich keine Zirrhose aus und es besteht auch nicht
die Gefahr der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms.
Oft treten die Schübe nach Infektionen auf, um dann nach einer
Dauer von 3 – 4 Monaten spontan abzuklingen. Klinisch-chemisch
finden sich im Schub eine Hyperbilirubinämie, erhöhte
Gallensäurenkonzentrationen, normale oder leicht erhöhte
Aktivitäten von GOT und GPT und eine mäßiggradige
Erhöhung der AP, jedoch bei normaler Aktivität der γ-GT.
Histologisch besteht eine blande Cholestase ohne Entzündungszeichen,
die ERCP zeigt normale Gallenwege.
Bisher wurden erst wenige Schwangerschaften bei
diesem Syndrom berichtet, wobei beweisende molekulargenetische Untersuchungen
auf entsprechende Mutationen fehlen. Fast immer löste die Schwangerschaft
(wie auch orale Antikonzeptiva) frühzeitig
einen Schub mit Pruritus (und Ikterus) aus, der nach der Entbindung
abklang, jedoch auch über längere Zeit persistieren konnte.
Therapeutisch werden sowohl Colestyramin zur Linderung des Pruritus
als auch Ursodeoxycholsäure (UDC) zur Minderung des fetalen
Risikos jedoch mit unsicherem Erfolg gegeben. Charakteristisch sind
– wie erwähnt - normale Aktivitäten der γ-GT
im Serum. Ist die γ-GT erhöht, müssen andere Mutationen,
z.B. ein ABCB4-(MDR3)-Defekt in Betracht gezogen werden (58, 70,
76, 83, 138).
Es ist zu vermuten, daß durch den vermehrten Einsatz molekularer
Diagnostik weitere hereditäre Cholestaseformen in der Schwangerschaft
charakterisiert werden. So dürfte dem Bericht über eine
rekurrierende familiäre intrahepatische Schwangerschaftscholestase,
assoziiert mit einer chronischen Lebererkrankung, bei vier Schwestern
wahrscheinlich eine eigene neue Krankheitsentität zugrunde
liegen (102).
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1.2.5. Funktionelle Hyperbilirubinämien
Nicht zu den Cholestase-Syndromen zählen die genetischen Hyperbilirubinämien,
die autosomal-rezessiv vererbte Defekte des Transports, der Speicherung
und des Metabolismus von Bilirubin aufweisen. Sie sind jedoch von
differentialdiagnostischer Relevanz.
Dem Morbus Gilbert-Meulengracht und dem Crigler-Najjar-Typ-II-Syndrom
liegt ein unterschiedlich ausgeprägter Mangel der Bilirubin-UGT-Aktivität
zugrunde. Der Morbus Gilbert-Meulengracht wird in den meisten Fällen
durch eine Schwangerschaft nicht beeinflusst. Die
unkonjugierte Hyperbilirubinämie kann sich aber auch in der
Schwangerschaft manifestieren, verstärken oder sogar zurückbilden.
Die Schwangerschaft verläuft ungestört. Es besteht keine
Assoziation mit dem HELLP-Syndrom (205).
Über Schwangerschaften bei dem sehr seltenen Crigler-Najjar-Syndrom
Typ II (Arias-Syndrom) wurde bisher in Einzelfällen berichtet.
Diese im Vergleich mildere Form einer unkonjugierten Hyperbilirubinämie
mit benignem Verlauf spricht auch in der Schwangerschaft gut auf
eine Phototherapie und/oder die Verabreichung von Phenobarbital
(nicht während der Embryogenese) an. Ein Neugeborenenikterus
führt nicht zu einem toxischen Hirnschaden.
Dem Dubin-Johnson-Syndrom wie dem Rotor-Syndrom
liegen Transportstörungen organischer Anionen an der kanalikulären
Hepatozytenmembran zugrunde. Im Falle des Dubin-Johnson-Syndroms
findet sich eine Mutation des MRP2-Proteins, beim Rotor-Syndrom
besteht neben einer reduzierten biliären Exkretionskapazität
zusätzlich eine deutliche Reduktion der hepatozellulären
Bilirubinspeicherkapazität (138).
Eine Schwangerschaft wie auch die Gabe östrogenhaltiger
Antikonzeptiva verstärken beim Dubin-Johnson-Syndrom
in den meisten Fällen den vorbestehenden Ikterus oder lassen
bis dahin asymptomatische Fälle manifest werden. Der Ikterus
kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft akzentuiert werden oder
sogar erst nach der Entbindung auftreten. Nach der Entbindung bildet
sich der Ikterus allmählich in 1 – 2 Wochen zurück.
Ausreichende Erfahrungen über den Verlauf von Schwangerschaften
beim Rotor-Syndrom liegen bisher nicht vor (25, 28, 29, 70, 174).
Der Gallensäuretransport ist bei diesen genetischen Hyperbilirubinämien
nicht gestört, ein Pruritus tritt nicht auf. Eine Therapie
ist nicht verfügbar. Da nach bisherigem Kenntnisstand kein
erhöhtes Risiko für Mutter oder Kind besteht, ist die
Indikation zur Interruptio nicht gegeben.
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1.2.6. Autoimmune Hepatitis (AIH)
Die autoimmune Hepatitis, die primär biliäre
Zirrhose und vermutlich auch die primär sklerosierende Cholangitis
werden den autoimmunen Lebererkrankungen zugeordnet. Von einem Überlappungssyndrom
spricht man, wenn die AIH zusätzlich die Symptome und Marker
einer anderen autoimmunen Lebererkrankung aufweist.
Die AIH ist als chronisch progrediente Hepatitis
definiert, die in der Regel mit Hypergammaglobulinämie und
zirkulierenden Autoantikörpern einhergeht mit hohem Risiko,
langfristig in eine Zirrhose überzugehen. Ätiologie und
Pathogenese der AIH sind unbekannt. Neben Virusinfektionen als ursächlicher
Faktor der Autoimmunität wird eine genetische Prädisposition
vermutet. Die Prävalenzraten betragen zwischen 3 und 17 pro
100.000 Einwohner. Die AIH ist Bestandteil des Syndroms der chronischen
Hepatitis. Vor einer definitiven Diagnose müssen daher virale,
metabolische, hereditäre, medikamentös-toxische und cholestatische
Leberkrankheiten differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden.
In etwa einem Viertel der Fälle imponiert die AIH zu Beginn
der Erkrankung als akute Hepatitis, häufiger ist jedoch ein
schleichender Beginn. In der Folge führen schubweise Verläufe
zu einer wechselnden klinischen Symptomatik entsprechend einer chronischen
Hepatitis bzw. einer Zirrhose. Extrahepatische Autoimmunsyndrome
wie Autoimmunthyreopathie, Crest-Syndrom, rheumatoide Arthritis,
thrombozytopene Purpura, Colitis ulcerosa etc. können assoziiert
sein. Aufgrund des Autoantikörperprofils und des klinischen
Bildes werden 3 Typen unterschieden.
Die AIH-Typ I ist mit 80 % die häufigste
Form. 70 % der Erkrankten sind Frauen mit einem Altersmaximum zwischen
16 und 30 Jahren. 30 % weisen assoziierte immunologische Erkrankungen
auf. Typisch ist das Auftreten von Antikörpern gegen Kerne
(ANA) und/oder gegen glatte Muskulatur (SMA). In den meisten Fällen
ist der klinische Verlauf schleichend mit uncharakteristischen Symptomen,
25 % haben aber bei Diagnosestellung bereits eine Zirrhose.
Die AIH-Typ II ist seltener als der Typ I (in
Europa 20 %). Auch hier ist das weibliche Geschlecht bevorzugt,
das Altersmaximum liegt im Kindesalter um das 10. Lebensjahr. Im
Vergleich zu Typ I ist der klinische Verlauf häufiger akut,
ebenso ist die Zahl extrahepatischer Immunsyndrome größer.
Immunserologisch finden sich Antikörper gegen Mikrosomen aus
Leber und Nieren (Anti-LKM1).
Der seltenste Typ ist die AIH-Typ III. Über
90 % der Erkrankten sind Frauen, das Altersmaximum liegt zwischen
dem 20. und 40. Lebensjahr. Dieser Typ wird im Serum durch Antikörper
gegen lösliches Antigen aus Leber und Pankreas (Anti-SLA/LP)
gekennzeichnet. Häufig finden sich zusätzliche andere
Autoantikörper wie SMA und AMA.
Die Standardtherapie bei allen Formen der AIH besteht, unabhängig
vom klinischen Bild oder vom Autoantikörperprofil, in der Gabe
von Kortikosteroiden mit oder ohne Azathioprin. Die Monotherapie
mit Kortikosteroiden oder die Kombination aus Steroiden und Azathioprin
sind gleich effektiv. Die Dauer der immunsuppressiven Therapie muß
individuell beantwortet werden. Bei einem Teil der Patienten können
nach 2 bis 3 Jahren zunächst die Steroide, dann Azathioprin
ausgeschlichen werden. Unter einer solchen Therapie liegt heute
die 10-Jahres-Überlebensrate über 90 %, die 20-Jahres-Überlebensrate
über 80 %, ohne Immunsuppression verlief die AIH dagegen früher
häufig tödlich.
Berichte über Schwangerschaften bei AIH
sind bisher relativ selten, zudem stammen verläßlichere
Daten erst aus den letzten Jahren. Denn vor etwa einem Jahrzehnt
war es erstmals durch das Studium der vielschichtigen Klinik sowie
der zellulären und molekularen Immunpathologie gelungen, die
AIH als eigenständige Entität zu klassifizieren. In den
vorangegangenen Jahrzehnten war die AIH in die ätiologisch
heterogene Gruppe der chronischen Hepatitiden bzw. Leberzirrhosen
subsumiert worden (182). Da die AIH vorwiegend das weibliche Geschlecht
im gebärfähigen Alter betrifft, wird man zukünftig
vermehrt mit dem Zusammentreffen dieses Krankheitsbildes mit einer
Schwangerschaft rechnen müssen. Dies um so mehr, da unter einer
adäquaten immunsuppressiven Therapie bei nur gering entzündlicher
Aktivität wieder regelmäßige Periodenblutungen und
eine ungestörte Fertilität zu beobachten sind. Bei einer
Kombinationstherapie mit Kortikosteroiden und Azathioprin sollte
vor einer geplanten Schwangerschaft Azathioprin sicherheitshalber
abgesetzt werden. Tritt jedoch die Gravidität unter einer derartigen
Kombinationstherapie ein, sollte sie fortgeführt werden, da
das Risiko für den Feten geringer einzuschätzen ist als
das Risiko einer Exazerbation der AIH.
Die Dosierung der Glukokortikoide ist wie vor der Schwangerschaft
bei stabilem Krankheitsverlauf unverändert beizubehalten, bei
entzündlichen Schüben sollte eine Dosissteigerung erfolgen.
Eine derartige Therapie gilt für Mutter und Kind als relativ
ungefährlich. Das gleiche gilt für Azathioprin in der
vorgeschriebenen täglichen Dosis von 50-100 mg, auch wenn dieses
Immunsuppressivum selten zur fetalen Wachstumsverzögerung und
zur Knochenmarksdepression bei Mutter und Kind führen kann
(16, 59, 77, 103).
Es ist anzunehmen, dass bei der überwiegenden Zahl der Patientinnen
eine Gravidität den Verlauf der AIH beeinflusst. Die Krankheitsaktivität
kann gesteigert werden (16, 59, 172) oder – bisher deutlich
häufiger – es kommt zur Remission ab dem 2. Trimenon,
aber meist mit erneuter Verschlechterung postpartal (16, 26, 109,
172, eig. Beobachtungen) (Abb. 1.5 und 1.6). In
Einzelfällen erfolgte der Nachweis der AIH erstmals im Wochenbett
(59, 82, 133, 167).
Wie bei der PBC mehren sich somit auch bei der AIH die Hinweise,
dass die im Allgemeinen immunsuppressiv wirkende Schwangerschaft
die Krankheitsaktivität ab dem 3. bis 4. Monat hemmt mit einem
Rebound nach der Entbindung. Entsprechend kann in solchen Fällen
unter engmaschiger Kontrolle die immunsuppressive Therapie reduziert
werden (z. B. die Azathioprin-Dosis auf ca. 50 % der Ausgangsdosis),
um postpartal die Ausgangsdosierung wieder aufzunehmen. Ein derartiger
positiver Effekt ist auch bei einigen anderen Autoimmunkrankheiten
zu beobachten, z. B. bei rheumatoider Arthritis, multipler Sklerose,
Myasthenia gravis und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen,
nicht jedoch beim systemischen Lupus erythematodes. Als Erklärung
wird angenommen, dass in der Schwangerschaft im Rahmen der physiologischen
Immunsuppression die Dominanz der Th1- über Th2-Zellen abnimmt,
so dass weniger, die Schwangerschaft gefährdende, proinflammatorische
Zytokine gebildet werden. Östrogene, Progesteron, Androgene,
Glukokortikoide, HCG und andere Faktoren unterstützen diese
Immunsuppression (16, 59, 103).
Abb. 1.5 AIH Typ III (SLA-positiv). Verlauf
der Enzymaktivitäten im Serum bei einer 32-jährigen Patientin.
3 Konzeptionen, eine ausgetragene Schwangerschaft.
Abb. 1.6 AIH/PSC-Overlapsyndrom. Verlauf der
Enzymaktivitäten im Serum während der Schwangerschaft
und postpartal bei einer 33-jährigen Patientin (3-grav, 3-para).
Bilirubin stets < 1,0 mg/dl. Keine medikamentöse Therapie.
Somit können Frauen mit AIH bei stabiler Leberfunktion und
normalem Bilirubinspiegel – ein entsprechendes Monitoring
der Krankheitsaktivität vorausgesetzt – in etwa 80 %
eine Schwangerschaft problemlos austragen. Insgesamt scheint aber
die Abortrate, insbesondere bei schwerer verlaufender AIH, erhöht
zu sein (14 – 24 %) (59, 172). Liegt allerdings eine Zirrhose
vor, evtl. sogar mit Ösophagusvarizen und/oder Aszites, ist
das mütterliche und fetale Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko
deutlich erhöht (Tab. 1.5).
Über eine möglicherweise schwangerschaftsspezifische
autoimmune Lebererkrankung in der Frühschwangerschaft in zwei
Fällen berichtete 1993 eine japanische Arbeitsgruppe. In der
8. bzw. 10. Schwangerschaftswoche entwickelte sich eine akute Hepatitis.
Histologisch fanden sich in enger Nachbarschaft zu den geschädigten
Hepatozyten humanes Choriongonadotropin sowie entzündliche
Infiltrate überwiegend aus CD8-Lymphozyten. HLA-DR-Antigen
war auf den mononukleären Zellen nachweisbar. Ebenso lagen
in der Dezidua lymphozytäre Infiltrationen vor. Nach der Schwangerschaft
bildeten sich diese Alterationen spontan zurück. Die Autoren
vermuten, dass die HCG-Ablagerungen in oder an den geschädigten
Leberzellen das Zielantigen zytotoxischer T-Zellen darstellen (121).
Die Frage, ob es sich hier um eine neue Form einer schwangerschaftsspezifischen
Autoimmunhepatitis handelt, kann derzeit bei bisher erst
zwei Beobachtungen nicht beantwortet werden (74).
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1.2.7. Primär biliäre Zirrhose (PBC) und primär
sklerosierende Cholangitis (PSC)
Die PBC ist durch eine chronische nicht eitrige
destruierende Cholangitis der kleinen intrahepatischen Gallengänge
gekennzeichnet. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft
auf und betrifft zu 90 % Frauen mit einem Altersgipfel zwischen
40 und 59 Jahren. Die Ätiologie ist nicht bekannt, neben genetischen
werden insbesondere immunologische Faktoren verantwortlich gemacht.
Ebenfalls bislang nicht geklärt ist die hohe Dominanz des weiblichen
Geschlechts bei der PBC. Als ein möglicher Auslöser werden
die Geschlechtshormone diskutiert, da Östrogene und Gestagene
Immunreaktionen anders kontrollieren als Androgene (103, 104, 133).
Dagegen gilt ein Mikrochimärismus, das Einschwemmen embryonaler
Zellen in den Kreislauf der Schwangeren, als Ursache für wenig
wahrscheinlich (87).
Charakteristisch für die PSC ist die chronische
obliterierende Entzündung der intra- und/oder extrahepatischen
Gallenwege. Die Manifestation liegt am häufigsten zwischen
dem 25. und 40. Lebensjahr, zu 70 % sind Männer betroffen,
in etwa 75 % besteht eine Assoziation zwischen PSC und einer chronisch
entzündlichen Darmerkrankung. Auch hier wird neben anderen
Faktoren ätiologisch ein Immunprozess in Betracht gezogen.
Beide Erkrankungen führen mit variablem Verlauf zu progressiver
Cholestase und schließlich zur biliären Zirrhose.
Nach den bisher wenigen Beobachtungen von Schwangerschaften
bei Patientinnen mit PBC kann man annehmen, daß
die frühen Formen (Stadium I – III) durch eine Schwangerschaft
nicht richtungsgebend verschlimmert werden. Ein unveränderter
Verlauf wurde ebenso gesehen wie eine Zu- oder sogar Abnahme der
Cholestase. In diesen Fällen war noch keine Behandlung mit
Ursodeoxycholsäure (UDC) erfolgt. Aufgrund der positiven Daten
bei ICP empfiehlt sich heute – und erste Mitteilungen belegen
dies – die UDC-Therapie während der gesamten Schwangerschaft
durchzuführen. Keine unerwünschten Wirkungen, sondern
vielmehr positive Effekte auf die mütterliche Erkrankung und
den Fetus werden gesehen. Etwa 80 % der Patientinnen können
konzipieren, und gleichfalls in 80 % endet die Gravidität regelrecht.
Die in einigen Fällen zu beobachtende Verbesserung der Leberfunktion
während der Schwangerschaft, postpartal gefolgt von einem Anstieg
der Krankheitsaktivität könnte wie bei der AIH auf eine
Immunsuppression durch die foeto-plazentare Einheit zurückgeführt
werden, vermittelt u. a. durch Östrogene und eventuell auch
Gestagene (50, 70, 103, 104, 133, 142, 144, 149, 161).
Die prognostische Einschätzung ist gänzlich anders beim
Vorliegen eines kompletten zirrhotischen Umbaus (Stadium IV). Schwangerschaften
in diesem Stadium sind eine ausgesprochene Rarität. Die Schwangere
ist wie bei fortgeschrittenen Zirrhosen anderer Genese hochgradig
gefährdet durch die Verschlechterung der Leberfunktion, durch
Aszitesbildung und durch die Auslösung einer Ösophagusvarizenblutung.
Entsprechend ist auch mit einer gesteigerten Früh- und Totgeburtlichkeit
zu rechnen (Tab. 1.5). Unklar ist, ob in diesem
späten Stadium die Gabe von UDC noch sinnvoll ist.
Es liegt nahe, daß Schwangerschaften bei
der PSC noch seltener sind (ca. 20 Fallmitteilungen)
als bei der PBC. Auch hier sind im frühen Stadium komplikationslose
Schwangerschaftsverläufe zu erwarten, dagegen bei der kompletten
Zirrhose unter dem Einfluß der Gravidität Dekompensation
und Varizenblutung sowie ein hohes Risiko für Frühgeburt
und intrauterinen Fruchttod (Abb. 1.6). Die Datenbasis
für die UDC-Therapie bei der PSC ist schmal. Gerade in der
Schwangerschaft bei PSC mit der Gefahr der Akkumulation toxischer
Gallensäuren sollte UDC jedoch verabreicht werden, da von einer
protektiven Wirkung auf den Feten auszugehen ist (51, 85, 97, 103,
104).
Anzumerken ist hier die fehlende Zulassung von UDC in der Schwangerschaft.
Beim Auftreten fokaler Stenosen der großen Gallenwege sollten
diese auch in der Schwangerschaft mittels endoskopischer Ballondilatation
oder durch das Einsetzen von Stents therapiert werden.
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1.2.8. Leberzirrhose
Die Leberzirrhose ist als irreversibler Endzustand von chronisch
progredienten Lebererkrankungen verschiedenster Ätiologie definiert.
Sie ist durch Nekrosen, Entzündung, Regeneration und Bildung
von Bindegewebssepten charakterisiert. Dieser chronische Umbau führt
zu Funktionseinschränkungen und kann durch die Zerstörung
des hepatischen Gefäßapparats zum Pfortaderhochdruck
mit Ausbildung portosystemischer Kollateralen führen. Alkoholabusus
und die Virushepatitiden B, C und D sind die häufigsten Ursachen
einer Leberzirrhose in Westeuropa. Seltenere Ursachen sind autoimmune
Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen und toxische Leberschäden
(z. B. durch Medikamente). Laut Autopsiestudien muß von einer
Prävalenz von ca. 9,5 % ausgegangen werden. Männer sind
von der Entwicklung einer Leberzirrhose häufiger betroffen
als Frauen.
Schwangerschaften sind bei der Leberzirrhose
unabhängig von den vielfältigen Ursachen selten (66, 69,
70, 74, 77, 149, 152, 163). Als Ursache der herabgesetzten Fertilität
werden Amenorrhöen sowie anovulatorische Zyklen als Folge eines
gestörten Sexualhormonstoffwechsels angesehen (64). Allerdings
zeigt die zugrundeliegende hypothalamische-hypophysäre Dysfunktion
keine strenge Korrelation zur Schwere der Lebererkrankung. Ein weiterer
Grund für die erniedrigte Konzeptionsrate dürfte im höheren
Lebensalter der zirrhosekranken Frau, zumindest in Westeuropa und
in den USA, zu sehen sein. Das Durchschnittsalter der hier beobachteten
Fälle betrug 30 Jahre, ein Alter, in dem die Konzeptionserwartung
bereits herabgesetzt ist (Abb. 1.7) (69, 70).
Eine verlässliche Aussage, welchen Einfluß eine Schwangerschaft
auf den Verlauf der Leberzirrhose nimmt, läßt sich naturgemäß
wie auch bei der chronischen Hepatitis nicht machen. Mit einer Aktivierung
selbst eines beruhigten Prozesses muß jedoch – wie auch
außerhalb der Gravidität – gerechnet werden. Gemessen
an den Funktionsparametern wird in den meisten Fällen die chronisch
entzündliche Lebererkrankung durch eine Schwangerschaft
Abb. 1.7 Konzeptionsalter von 43 Frauen mit prähepatischem
Block (Durchschnittsalter 24 ½ Jahre) und von 83 Frauen mit
intrahepatischem Block bei Leberzirrhose (Durchschnittsalter 30
Jahre) (69, 70)
wenig beeinflußt. Die Ausgangslage, sei es ein aktives oder
inaktives Stadium, wird meist beibehalten. Der häufig günstige
Verlauf ist darauf zurückzuführen, dass die Konzeption
überwiegend im kompensierten Stadium der Lebererkrankung erfolgt,
die Schwangeren also eine positive Auslese darstellen.
Im Wesentlichen wird die Prognose bei einer manifesten Leberzirrhose
von dem Vorliegen einer portalen Hypertension und ihren Komplikationen
(Aszites, Varizenblutung) bestimmt. Daß die Schwangerschaft
in diesen Fällen zunehmend ein belastendes Moment darstellt,
zeigt sich daran, daß bei 20 % aller Beobachtungen sich Aszites
bildete und zwar überwiegend zum Schwangerschaftsende hin im
dritten Trimenon und im Wochenbett (Abb. 1.8) (65,
69, 70). Pathogenetisch spielen in der Aszitesbildung Hypalbuminämie,
Natriumretention und portale Hypertension die wesentliche Rolle,
wobei diese Faktoren in der Schwangerschaft mit den bereits physiologischen
Alterationen im Eiweißstoffwechsel und der vermehrten Produktion
von Aldosteron sowie mit dem Anstieg des zirkulierenden Plasmavolumens
und des Körperwassers noch eine Verstärkung erfahren.
Weitere schwangerschaftsbedingte Veränderungen wie Kompressionswirkung
des Uterus mit nachfolgender portaler Druckerhöhung sowie erhöhte
Gefäßpermeabilität tragen gleichfalls zur Aszitesgenese
bei. Welche Bedeutung der Erhöhung des Pfortaderdrucks für
die Aszitesbildung zukommt, läßt sich allein aus der
Tatsache ableiten, daß bei einem Drittel der bisher beobachteten
Schwangerschaften mit Aszites Ösophagusvarizen nachgewiesen
wurden. Die Prognose ist in
Abb. 1.8 Aszitesbildung in 33 Schwangerschaften
mit Leberzirrhose (69, 70)
diesem Falle deutlich eingeschränkt, fast die Hälfte
der Patientinnen starb an einer Ösophagusvarizenblutung und/oder
an einer Leberinsuffizienz (Tab. 1.5) (65, 68,
69, 70, 74, 77).
In 45 % der bisher beschriebenen Fälle von Schwangerschaften
bei Leberzirrhose bestanden Ösophagusvarizen als Folge eines
intrahepatischen Blocks, die in 64 %, und zwar bevorzugt im zweiten
und dritten Trimenon, bluteten mit einer mütterlichen Letalität
von 13 %. Dieses vermehrte Auftreten von Ösophagusvarizenblutungen
wird durch mehrere Faktoren begünstigt. Bereits in der normalen
Schwangerschaft führen Hypervolämie und intraabdomineller
Druckanstieg durch den wachsenden Uterus zu einer physiologischen
portalen Hypertension. Durch die Kompresssion der V. cava inferior
durch den Uterus erhöht sich der Blutabfluss über die
V. azygos. Bei der Leberzirrhose pfropfen sich diese physiologischen
Veränderungen den vorbestehenden pathogenetischen Faktoren,
der bereits erhöhten Druck- und Volumenbelastung im Pfortadersystem,
auf (Abb. 1.9) (68, 69, 70, 74, 88, 107, 162).
Abb. 1.9 Häufigkeit von Ösophagusvarizenblutungen
bei 29 Schwangeren mit prähepatischem Block und bei 34 Schwangeren
mit intrahepatischem Block bei Leberzirrhose (69, 70).
Chirurgische Therapieverfahren beim Pfortaderhochdruck
werden heute, da sie technisch aufwendig und relativ risikoreich
sind, nur noch selten eingesetzt. Wie frühere Untersuchungen
zeigen, vermögen vor allem porto-systemische Shuntoperationen
auch in der Schwangerschaft effektiv den portalen Druck zu senken.
Shuntoperationen, deren Durchführung sogar noch in den ersten
beiden Trimestern möglich ist, senkten die Blutungsfrequenz
auf 7 % mit einer mütterlichen Letalität von 2 %. Als
die wirksamste Behandlungsmaßnahme bei akuter Varizenblutung
werden heute auch in der Schwangerschaft die Ligatur und/oder die
Sklerotherapie angesehen. Als Alternative bietet sich auch der transjuguläre
Stentshunt (TIPS) an. Bei bekannter Leberzirrhose empfiehlt es sich,
vor und während der Schwangerschaft Ösophagusvarizen prophylaktisch
durch Injektion von Polidocanol oder durch Varizenligatur zu behandeln.
Der endoskopischen Varizenligatur sollte heute der Vorzug gegeben
werden, da über mögliche toxische Nebenwirkungen des Polidocanols
an der Frucht wenig bekannt ist. Anzustreben ist, Ösophagusvarizen
bereits vor Eintritt einer Konzeption prophylaktisch zu sklerosieren.
Vor oder adjuvant zur Ligatur- oder Sklerosierungstherapie bei blutenden
Varizen kann auch in der Schwangerschaft eine medikamentöse
Therapie mit ß-Blockern (Propanolol) oder mit Octreotid, dem
länger wirksamen Analog des Somatostatins, erfolgen. Ungeeignet
sind Vasopressin-Analoga, die bei Mutter und Kind zu verschiedenen
vasospastischen Komplikationen sowie zur Plazentaablösung führen
können. Systematische Untersuchungen zur Effektivität
einer derartigen endoskopischen und medikamentösen Therapie
in der Schwangerschaft fehlen allerdings bisher. Auf eine länger
dauernde Ballontamponade (mehr als 24 Stunden) sollte wie außerhalb
der Schwangerschaft wenn irgend möglich verzichtet werden,
da die sich entwickelnden Wandläsionen deutlich das Komplikationsrisiko
der endoskopischen Therapie erhöhen (69, 70).
Zur Vermeidung der Aszitesbildung und zur Senkung
des Plasmavolumens und somit auch zur Varizenblutungsprophylaxe
empfehlen sich die Kochsalzrestriktion in der Nahrung und gegebenenfalls
die behutsame diuretische Therapie. Beim Vorliegen eines Aszites
ist ebenso vor einer forcierten medikamentösen Diurese zu warnen
wie vor therapeutischen Aszitespunktionen. Eine Entlastung des Aszites
ist nur unter der Geburt bei Eintritt von Wehenruhe zu vertreten,
da in diesem Falle Bauchmuskulatur und Zwerchfell – durch
den Aszites überdehnt – in ihrer Kontraktionsfähigkeit
weitgehend eingeschränkt sind. Bei portaler Hypertension sollte
zur Vermeidung einer weiteren Druckerhöhung die Austreibungsperiode
durch assistierte operative Entbindung (Vakuumextraktion, Forzeps)
beendet werden. Besteht eine dekompensierte Leberzirrhose mit portaler
Hypertension, kann im Einzelfall eine Abruptio durchaus erwogen
werden. Die Schwangere ist nicht nur durch die Leberinsuffizienz,
sondern auch durch die Auslösung einer Varizenblutung sowie
durch einen Aszites und dessen forcierter Therapie hochgradig gefährdet.
Dieses Risiko wird durch die Abruptio vermindert, da der Eingriff
die hämodynamische Situation unmittelbar entlastet.
Aus diesen Ausführungen folgt, daß nicht die Leberinsuffizienz
durch die Belastung des Organs in der Schwangerschaft die Hauptgefahr
für die Leberzirrhotikerin darstellt, sondern die portale Hypertension.
Ösophagusvarizenblutung und Ausbildung eines Aszites bestimmen
weitgehend die Prognose und bedingen eine mütterliche Sterblichkeit
von durchschnittlich 8 %. Auch die kindliche Prognose erfährt
bei einer Leberzirrhose der Mutter mit einer erhöhten Zahl
von Frühgeburten und perinatal Verstorbenen eine Einschränkung.
Es zeigt sich, daß die Frühgeburten- und Totgeburtenrate
umso mehr ansteigt, je florider bzw. fortgeschrittener der entzündliche
Prozeß ist, also besonders bei ikterischen Schüben. Besonders
verschlechtert wird die Prognose des Kindes ebenfalls bei Ösophagusvarizenblutungen
und Vorliegen von Aszites. Varizenblutungen führten in 32 %
der Fälle zum Tode des Kindes und in 27 % zur Frühgeburt,
bei Bestehen eines Aszites starben 40 % und 28 % der Fälle
waren Frühgeburten (Tab. 1.5 und 1.8) (69, 70). Erforderlich
ist auch bei der Leberzirrhose die Bestimmung der virologischen
Parameter, um bei einer HBV-Infektion der Mutter die Infektion des
Kindes durch eine passiv-aktive Simultanprophylaxe direkt nach der
Geburt zu verhindern (70, 74, 78).
Tab. 1.8 Kontraindikationen für eine Schwangerschaft
und Indikationen zur Abruptio bzw. vorzeitigen Entbindung
↑
↑ ↑
1.2.9. Portale Hypertension
Für die Entstehung des Pfortaderhochdrucks sind pathogenetisch
zwei Komponenten von Bedeutung: Zum einen eine Erhöhung des
Strömungswiderstandes im portalen Stromgebiet (durch mechanische
Kompression oder Vasokonstriktion) und zum anderen durch eine Zunahme
des splanchnischen und portalen Blutflusses. Es besteht eine komplexe
hyperdyname Kreislaufsituation mit den klinischen Zeichen des erhöhten
Herzminutenvolumens, der Tachykardie und der arteriellen Hypotonie.
Die portale Druckerhöhung führt zur verminderten Leberdurchblutung
und zur Bildung von Kollateralen zwischen Pfortader und Vena cava.
Als Folgen können sich klinisch eine Leberfunktionsverschlechterung
oder Komplikationen wie Ösophagusvarizenblutung, Aszites und
Enzephalopathie einstellen.
Die Einteilung der portalen Hypertension erfolgt in der Regel nach
der anatomischen Lokalisation der Widerstandserhöhung. Bei
der prähepatischen Widerstandserhöhung (z. B. durch Pfortader-
oder Milzvenenthrombose, arterioportale Fisteln) ist die Leberfunktion
nicht oder nur gering eingeschränkt und auch ein Aszites ist
sehr selten. Bei der intrahepatischen portalen Hypertonie wird eine
präsinusoidale (z. B. Schistosomiasis), eine sinusoidale (z.B.
Leberzirrhose, Fettleber) und eine postsinusoidale Form (z.B. Budd-Chiari-Syndrom)
unterschieden. Ursachen des posthepatischen Pfortaderblocks sind
Druckerhöhungen im rechten Herzvorhof (Pericarditis constrictiva,
Rechtsherzinsuffizienz) bzw. Thrombose, Membranen oder Tumorinvasion
der V. cava inferior.
Die Aszitesbildung ist im Wesentlichen auf den erhöhten Druck
in den Sinusoiden bei der sinusoidalen und postsinusoidalen Lokalisation
zurückzuführen. In den westlichen Industrieländern
sind bei Erwachsenen die alkoholischen und viralen Leberzirrhosen
die häufigsten Ursachen der portalen Hypertonie, bei Kindern
ist die Pfortaderthrombose ätiologisch führend. Eine Splenomegalie
kann bei allen Formen des Pfortaderhochdrucks gefunden werden.
Wie beim intrahepatischen Block der Leberzirrhose sind auch
Schwangerschaften beim prähepatischen Block
wie bei der intrahepatischen präsinusoidalen Hypertension
selten (2, 18, 32, 67, 68, 69, 70, 74, 107, 149, 152, 163, 193).
Der Grund hierfür ist nicht bekannt, sind doch Leberfunktion
und Sexualhormonstoffwechsel bei diesen Blockformen nicht gestört.
Die Ausbildung von Ösophagusvarizen stellt auch hier die wichtigste
Komplikation dar. Das Durchschnittsalter der bisher beobachteten
Frauen mit prähepatischem Block beträgt 24 Jahre und liegt
damit um 6 Jahre unter dem Durchschnittsalter der Frauen mit intrahepatischem
sinusoidalen Block bei Leberzirrhose (Abb. 1.7).
Bei allen Patientinnen war der Block bereits vor der Schwangerschaft
ausgebildet und bei den meisten hatten bereits im Kindesalter schwere
Intestinalblutungen eine chirurgische Intervention in Form von Palliativeingriffen
und Shuntoperationen erforderlich gemacht. Trotz dieser chirurgischen
Eingriffe kam es während der Schwangerschaft in 40 % zu Ösophagusvarizenblutungen
und zwar in etwa dem gleichen Prozentsatz nach Shuntoperationen
wie nach alleinigen Palliativmaßnahmen. Dies ist darauf zurückzuführen,
daß Shunts, die im Kindes- und Jugendalter angelegt wurden,
meistens ineffektiv sind so wie auch Palliativoperationen keinen
dauernden drucksenkenden Effekt haben. Es sind die gleichen Faktoren
wie bei der Leberzirrhose, die hier in der Schwangerschaft eine
Varizenblutung auslösen und folglich ist es mit dem zweiten
und dritten Trimenon der Zeitraum, in dem die Varizenblutung gehäuft
auftritt (Abb. 1.9) (67, 68, 69, 70). Mit einer
mütterlichen Letalität von 3 % und einer erhöhten
Zahl von Totgeburten erfährt die mütterliche und kindliche
Prognose ebenfalls eine Einschränkung, allerdings nicht in
dem Maße wie bei Varizenblutungen infolge Leberzirrhose. Wie
bei der Leberzirrhose mit portaler Hypertension gelten hier die
gleichen therapeutischen Überlegungen. Bei weitgehend kompensiertem
prähepatischen Pfortaderhochdruck, d.h. bei Ausbildung von
effektiven spontanen oder operativen Anastomosen, ist am ehesten
ein komplikationsloser Schwangerschaftsverlauf zu erwarten. Beim
Nachweis von Ösophagusvarizen sollte bereits vor der Schwangerschaft
eine prophylaktische Varizeneradikation durch Gummibandligatur oder
Sklerosierung erfolgen (Tab. 1.5 und 1.8) (69,
70, 74).
Ein partieller oder vollständiger thrombotisch bedingter Verschluss
der Lebervenen (Budd-Chiari-Syndrom) ist eine seltene
Schwangerschaftskomplikation, die sich weniger in der Spätschwangerschaft
als vielmehr im Wochenbett und in der Beobachtungszeit bis zu 9
Monaten post partum manifestiert. Zahlreiche Ursachen werden als
pathogenetische Faktoren diskutiert, in Schwangerschaft und postpartaler
Phase liegen wahrscheinlich mehrere thrombogene Faktoren vor wie
erhöhte Östrogen- und Progesteron-Spiegel, angeborene
und erworbene Gerinnungsstörungen, Blutvolumenvermehrung und
Strömungsverlangsamung im Abdominalbereich. Das Vorliegen einer
aktivierten Protein-C-Resistenz als Folge einer Mutation von Faktor
V ist wahrscheinlich der wichtigste Risikofaktor für das Auftreten
einer derartigen venösen Thrombose. Das klinische Bild kann
über Wochen bis Monate schleichend beginnen oder akut einsetzen.
Bei der häufigeren chronischen Verlaufsform finden sich als
führende klinische Symptome Aszites, Hepatosplenomegalie, Ösophagusvarizen,
Ikterus und obere Intestinalblutung. Auch wenn bisher nur wenige
Fälle eines Budd-Chiari-Syndroms im Zusammenhang mit einer
Schwangerschaft beobachtet wurden, lassen sich dennoch hieraus einige
Schlüsse ziehen: Besteht bei einer jungen Frau der Verdacht
auf ein Budd-Chiari-Syndrom, muß mit allen Mitteln die Diagnose
gestellt oder ausgeschlossen werden (Farbdoppler-Sonographie). Finden
sich Hinweise auf eine solche Erkrankung, ist eine Schwangerschaft
absolut kontraindiziert, ebenso eine orale Kontrazeption. Tritt
die Thrombosierung der Lebervenen während der Schwangerschaft
auf, besteht nach derzeitiger Auffassung die Indikation zum Abbruch
der Schwangerschaft, da die Erkrankung durch die Schwangerschaft
richtunggebend verschlimmert wird (Tab. 1.5 und 1.8).
Umgehend zu diskutieren ist heute jedoch auch eine Lebertransplantation
höchster Dringlichkeitsstufe in der Schwangerschaft (42, 54,
68, 69, 70, 74, 152).
↑
↑ ↑
1.2.10. Lebertransplantation
Schwangerschaften nach orthotoper Lebertransplantation sind, nachdem
1978 die erste erfolgreiche Gravidität nach Lebertransplantation
beschrieben wurde, insgesamt noch selten. Schwangerschaft nach Leber-,
Nieren- oder Herztransplantation gelten als Risikoschwangerschaft
für Mutter und Fetus und machen eine intensive interdisziplinäre
Betreuung notwendig. Die Risiken für die Mutter bestehen in
einer erhöhten Inzidenz an EPH-Gestosen, vermehrten bakteriellen,
viralen und fungalen Infekten wie auch in Abstoßungsreaktionen.
Dem Feten drohen Frühgeburt, intrauterine Wachstumsretardierung,
pränatale Infektionen sowie Fehlbildungen. Zur immunsuppressiven
Therapie bei Schwangerschaften nach Lebertransplantation stehen
Kortikosteroide, Cyklosporin, Tacrolimus und Azathioprin zur Verfügung.
Von besonderer Bedeutung sind dabei neben der Funktion der transplantierten
Leber die möglichen Nebenwirkungen dieser Immunsuppressiva
sowie die fetale Entwicklung. Auch wenn nach den bisherigen beschränkten
Erfahrungen die Teratogenität dieser Medikamente als nicht
erhöht anzunehmen ist, so ist es im Einzelfall doch nicht möglich,
speziell bei verschiedenen Kombinationen, eine sichere prognostische
Aussage zu treffen (5, 32, 78, 143, 152, 199).
↑
↑ ↑
1.2.11. Lebertumoren
Primäre Lebertumoren umfassen ein großes
Spektrum von benignen und malignen epithelialen wie nichtepithelialen
Tumoren, aber auch von tumorartigen Läsionen. Obwohl im gebärfähigen
Alter selten, sollte die Detektion und Differenzierung dieser umschriebenen
Leberveränderungen bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft
erfolgt sein. Wegen des Rupturrisikos in der Schwangerschaft empfiehlt
es sich, bei großen (7 – 10 cm), oberflächlichen
und resezierbaren Läsionen die chirurgische Intervention zu
erwägen. Dies trifft insbesondere beim Vorliegen eines hepatozellulären
Adenoms zu. Gerade in der Schwangerschaft, in der den Östrogenen
(wie auch bei Einnahme von Kontrazeptiva) gefäßerweiternde
und proliferative Effekte zugeschrieben werden, können intraabdomineller
Druckanstieg und erhöhte Bauchdeckenspannung (z. B. beim Pressen
oder Erbrechen) oder die Volumenvermehrung im prähepatischen
Raum unter der Geburt eine Ruptur auslösen.
Auf die spontane Leberruptur, die im Rahmen eines HELLP-Syndroms
auftritt, wird im Kap. 1.3.2. eingegangen.
Diagnostisch ist bei typischen Befunden die sonographische Charakterisierung
ausreichend (B-Bild- und Farbdoppler-Sonographie, Einsatz von Ultraschallkontrastmitteln).
Bei Zweifeln werden CT, MRT und letztlich die histologische Untersuchung
eingesetzt. Selten bedarf es der histopathologischen Aufarbeitung
der gesamten resezierten Läsion, um eindeutige Diagnosen zu
erhalten.
Kongenitale Leberzysten gehören mit einer
Prävalenz von 3 – 5 % zu den häufigen umschriebenen
Läsionen der Leber, die bei Frauen fast doppelt so häufig
wie bei Männern angetroffen werden. Bei Größenzunahme
können Zysten Druck- und Völlegefühl wie Schmerzen
hervorrufen, Einblutung und Infektion sind seltene Komplikationen
(169, 170).
In der Schwangerschaft führen kongenitale Zysten in der Regel
nicht zu Beschwerden. Sollte es jedoch zu starkem Druck- und Völlegefühl
oder zu Verdrängungserscheinungen an den Nachbarorganen kommen,
kann auch in der Schwangerschaft die gezielte perkutane Punktion
vorübergehend Entlastung bringen.
Die Peliosis hepatis ist überwiegend durch
bis zu 1 cm, selten bis zu 3 cm große, mit Endothel ausgekleidete
blutgefüllte Räume, die mit den Sinusoiden in Verbindung
stehen, charakterisiert. Das Befallsmuster ist fokal oder diffus.
Ätiologisch wird die Peliosis hepatis im Zusammenhang mit der
Gabe von oralen Kontrazeptiva sowie von anabolen und androgenen
Steroiden gebracht. Über die Blutungs- oder Rupturneigung von
Peliosisherden während der Schwangerschaft gibt es keine Angaben.
Einzelfallberichte über spontane Leberrupturen bei sonst gesunden
Patienten lassen es aber angebracht erscheinen, in der Schwangerschaft
bei ausgeprägter Peliosis und kapselnahen Herden sowie beim
Auftreten einer schmerzhaften Hepatomegalie die Leber engmaschig
mit bildgebenden Verfahren zu kontrollieren.
Das kavernöse Hämangiom ist mit einer
Inzidenz zwischen 0,4 und 20 % in Sektionsstatistiken der häufigste
benigne Lebertumor. Er lässt sich in allen Altersgruppen nachweisen,
am häufigsten allerdings bei Erwachsenen, und zwar bei Frauen
mittleren Alters. Entsprechend tritt diese Läsion bei Frauen
zwei- bis sechsmal häufiger auf als bei Männern.
Die Beobachtungen, dass dieser Tumor bei Frauen nicht nur häufiger,
sondern meistens auch größer ist, dass er bei Mehrgebärenden
häufiger ist und dass er während Pubertät und Schwangerschaft
oder unter oraler Antikonzeption an Größe zunehmen kann,
lässt eine wachstumsfördernde Rolle der Geschlechtshormone
vermuten.
Über drei Viertel der Hämangione sind solitär und
sowohl subkapsulär als auch innerhalb beider Leberlappen gelegen.
Sie sind meist klein mit einer Größe von wenigen Millimetern
bis zu etwa 4 cm. Riesenhämangiome über 5 cm finden sich
bei unter 10 % der Patienten. Histologisch liegen mit Endothel ausgekleidete
kommunizierende vaskuläre Hohlräume vor, die durch Bindegewebssepten
getrennt und durch eine fibrosierte Kompressionszone vom umgebenden
Leberparenchym abgegrenzt sind.
Die kleineren Hämangiome sind in der Regel asymptomatisch,
größere können zu Oberbauchbeschwerden führen.
Akute Schmerzen treten bei Blutungen und bei Thrombosen im Hämangiom
auf sowie – sehr selten – bei Tumorruptur mit Ausbildung
eines Hämoperitoneums.
In der Schwangerschaft sind Tumorgrößen über 5
cm, eine oberflächliche Lage, eine Größenzunahme
während der Schwangerschaft sowie akut einsetzende Bauchschmerzen
als Risikofaktoren für eine Ruptur anzusehen, die entsprechend
zu kontrollieren sind (24, 45, 52, 56, 81, 111, 165, 170).
Die fokal noduläre Hyperplasie (FNH) ist
nach den Hämangiomen der zweithäufigste benigne Lebertumor.
Wahrscheinlich entsteht die FNH als Folge von Gefäßmissbildungen.
Die Prävalenz beträgt etwa 3 %. Frauen zwischen dem 22.
und 50. Lebensjahr sind 6- bis 8-mal häufiger als Männer
betroffen. Aufgrund früherer klinisch-epidemiologischer Studien
wurde angenommen, dass das Tumorwachstum ähnlich wie beim Adenom
und Hämangiom hormoninduziert sei. Ein Zusammenhang wurde mit
den endogenen Östrogenen, der langjährigen Einnahme von
oralen Kontrazeptiva, dem erhöhten Blutungsrisiko unter diesen
Hormonen und der möglichen Rückbildung der FNH nach Absetzen
der Kontrazeptiva gesehen. Für die Schwangerschaft wurde ein
erhöhtes Risiko für Wachstum und Ruptur einer bestehenden
FNH angenommen. Neuere Daten weisen jedoch daraufhin, dass weder
orale Kontrazeptiva Größe oder Zahl der FNH-Läsionen
beeinflussen noch die Schwangerschaft Veränderungen oder Komplikationen
hervorruft (19, 24, 112, 170, 195).
In der Regel findet sich eine solitäre FNH meist kleiner als
5 cm (1 – 20 cm), in etwa 20 % liegen mehrere Knoten vor.
Häufig ist die FNH subkapsulär lokalisiert, jedoch auch
in beiden Leberlappen oder selten als gestielter Tumor. Eine Größenzunahme
der FNH (über 7 cm) führt zu Hepatomegalie und Druckschmerz.
In etwa 10 % der Fälle sind als Komplikationen Einblutungen,
Nekrosen oder Ruptur zu fürchten. Aus diesem Grunde halten
wir, auch wenn die meist kleinere FNH asymptomatisch bleibt, in
der Schwangerschaft eine Verlaufskontrolle mittels Sonographie für
angezeigt.
Das hepatozelluläre Adenom ist seltener als
die FNH, in Sektionen findet sich eine Prävalenz unter 0,5
%. Vor der Ära der Kontrazeptiva waren Adenome Raritäten.
Nachdem Baum et al. (11) 1973 erstmals auf einen Kausalzusammenhang
zwischen Langzeitanwendung von Antikonzeptiva und Leberzelladenomen
hingewiesen hatte, erhöhte sich die Zahl der Beobachtungen
rasch (113). Entsprechend findet sich das Adenom fast nur bei Frauen
im gebärfähigen Alter (ca. 90 %) meist mit einer Antikonzeptiva-Einnahme
von mehr als 5 Jahren. Die Inzidenz nimmt mit der Dauer der Einnahme,
der Hormonmenge der Präparate und dem Alter der Frauen (über
30 Jahre) zu. Heute dürfte die Zahl der Adenome bei den modernen
Antikonzeptiva mit niedrigen Hormonkonzentrationen wieder rückläufig
sein.
Adenome sind meistens solitär und überwiegend im rechten
Leberlappen in einer sonst normalen Leber lokalisiert. Die Größe
variiert zwischen 2 und 30 cm. Gewöhnlich entwickeln sich die
Adenome oberflächennah unter der Kapsel. Multiple Adenome mit
bis zu über 10 Herden sind selten und stellen möglicherweise
ein eigenständiges Krankheitsbild (Leberadenomatose) dar, sie
werden aber auch nach Langzeiteinnahme von Anabolika und im Rahmen
der Glykogenspeicherkrankheiten Typ Ia und seltener Typ III beobachtet.
In 2 eigenen, oben beschriebenen Beobachtungen von Glykogenose Typ
Ia besteht eine Leberadenomatose (s. Kap. 1.2.3.4.).
Das Überwiegen von Leberzelladenomen bei Frauen und die Assoziation
mit der Langzeiteinnahme von Kontrazeptiva lässt einen hormonellen
Einfluss auf die Pathogenese annehmen. Die wesentliche Rolle dürfte
den Östrogenen zukommen, allerdings sind die genauen Pathomechanismen
nicht bekannt. Östrogene stimulieren die Zellproliferation
und fördern die Neubildung von Gefäßen und von peliosisartigen
Arealen. Darüber hinaus induzieren Östrogene Gefäßerweiterungen,
Verdickungen der Intima und Hyperplasien der Media von Venen und
Arterien.
Einerseits bilden sich Adenome in Einzelfällen nach Absetzen
der Kontrazeptiva zurück, andererseits können sich während
der Schwangerschaft unter der erhöhten hormonellen Stimulation
die Läsionen aufgrund der vermehrten Vaskularisation vergrößern.
Dadurch ist die Rupturgefahr, auch im Wochenbett, erhöht.
Beim Nachweis eines Adenoms sind Kontrazeptiva und Anabolika abzusetzen.
Bei kleinen Adenomen, zunächst asymptomatisch und meist Zufallbefunde,
ist die sorgfältige sonographische Verlaufskontrolle vorab
ausreichend. Symptomatisch werden Adenome bei Größenzunahme,
infolge Einblutung und Nekrose sowie bei Ruptur der Läsion.
Es empfiehlt sich daher bei über 5 cm großen resezierbaren
Läsionen die operative Intervention. Die grundsätzliche
Indikation zur Resektion des Adenoms ist jedoch wegen der erhöhten
Komplikationsgefahr gerade gegen Ende der Schwangerschaft oder nach
der Entbindung bei Frauen mit Kinderwunsch gegeben. Wegen der oft
ausgeprägten Vaskularisation und der fehlenden Bindegewebskapsel
ist die Blutungs- und Rupturgefahr beim Adenom größer
als bei der bindegewebsreichen FNH (24, 60, 159, 170, 178).
In Einzelfällen ist bei östrogenbehandelten Patientinnen
sowie im Gefolge endokrin aktiver Tumoren das gleichzeitige
Auftreten von Leberzelladenom und FNH dokumentiert. Eine
eigene Beobachtung einer 33-jährigen Patientin wies
12 Leberrundherde mit echoarmem Randsaum, geringer venöser
Randvaskularisation und zum übrigen Lebergewebe isoechogener
Binnenstruktur auf. Der mit 6 x 3 x 3 cm größte Rundherd,
in einigen Bereichen sehr inhomogen, fand sich im 6. Segment. Klinisch
bestand eine ungewohnte Mattigkeit, klinisch-chemisch waren die
Aktivitäten von AP und γ-GT erhöht. Vorausgegangen
war eine orale Kontrazeption über 16 Jahre mit Ethinylestradiol
in der Kombination mit Desogestrel, Norgestimat oder Levonorgestrel.
Mit bildgebenden Verfahren war eine sichere Diagnose nicht möglich.
Die sonographisch gezielte Punktion ergab normales Lebergewebe,
und erst die Laparoskopie mit Biopsie führte zur Diagnose von
multifokalen Leberzelladenomen. Bei sonographisch fehlender Tumorregredienz
nach 12 Monaten unter Hormonkarenz willigte die Patientin schließlich
in die Resektion des größten suspekten Herdes im Segment
6 sowie eines weiteren Herdes ein. Erst jetzt war mit dem seltenen
Befund einer hyperplastisch-adenomatösen FNH, d.h. eines Mischtyps
aus Adenom und FNH eine eindeutige histopathologische Zuordnung
zu treffen (93).
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist der
häufigste primäre maligne Lebertumor. Die Inzidenz zeigt
eine sehr unterschiedliche geographische Verteilung. In Westeuropa
und den USA als Gebieten mit geringer Inzidenz liegt die Zahl der
Neuerkrankungen für Männer bei 3 – 4, für Frauen
bei 1 – 2 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Verschiedene Risikofaktoren,
einzeln oder kombiniert einwirkend, werden diskutiert. Hierzu zählen
u.a. chronische Virushepatitiden (HBV, HCV, HDV), Toxine (Alkohol,
Aflatoxin etc.) und genetische Faktoren (Hämochromatose, Tyronsinämie,
hepatische Porphyrien etc.), aber auch Kontrazeptiva und Anabolika
werden als wahrscheinliche Risikofaktoren angesehen. In 60 –
90 % der Fälle ist das HCC mit einer Leberzirrhose assoziiert.
In Ländern mit geringer Inzidenz liegt das mittlere Manifestationsalter
zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. In den afrikanischen und asiatischen
Hochinzidenzgebieten findet sich dagegen der Erkrankungsgipfel zwischen
dem 20. und 35. Lebensjahr. Dies weist auf die besondere Bedeutung
des Hepatitis B-Virus als Karzinogen hin, wobei die Infektion durch
vertikale perinatale oder horizontale Transmission während
der Kindheit übertragen wird. In den letzten Jahren nimmt die
HCC-Inzidenz, auch bei jüngeren Menschen in den Industrienationen
zu, was im Wesentlichen auf chronische Hepatitis C-Infektionen zurückgeführt
wird.
Eine Variante des HCC stellt das fibrolamelläre Karzinom dar
(ca. 20 % der Fälle), das vor allem bei jüngeren Frauen
in einer nichtzirrhotischen Leber auftritt mit besserer Prognose
als das HCC (169).
Männer mit Zirrhose erkranken zwei- bis viermal häufiger
an einem HCC als Frauen, außerdem tritt der Tumor bei Männern
früher auf. Die Gründe hierfür sind noch weitgehend
unklar. Es liegt nahe, auch eine Beteiligung von Sexualhormonen
in der Pathogenese des HCC anzunehmen. Epidemiologische, klinische
und experimentelle Studien zeigen, dass regenerierende und proliferierende
Prozesse in der Leber durch Östrogene stimuliert werden. Tierexperimentell
erwiesen sich Östrogene als Induktoren und Promotoren von Lebertumoren,
in epidemiologischen Untersuchungen wird die Langzeiteinnahme oraler
Kontrazeptiva bei Frauen mit einer erhöhten Prävalenz
einer FNH und einer HCC in Zusammenhang gebracht (129). Das HCC
bei Männern exprimiert vermehrt Östrogenrezeptoren mit
unterschiedlichem Rezeptorstatus. Neben dem Wildtyp existieren jedoch
überwiegend mutierte Transkripte, die nicht mehr in der Lage
sind, Östrogene zu binden (191). Dennoch könnten die bei
Zirrhotikern erhöhten Östrogenkonzentrationen die Proliferation
der Tumorzellen verstärken. Allerdings führte eine antiöstrogene
Therapie mit Tamoxifen zu keiner Überlebensverlängerung
(10).Weiterhin finden sich im HCC Rezeptoren für Androgene
in höheren Konzentrationen, so dass auch Androgene in der Tumorentwicklung
von Bedeutung sein könnten (127, 169).
Anders stellt sich die Situation offensichtlich bei Frauen dar.
Hier kommt möglicherweise im Erwachsenenalter den Östrogenen
ein protektiver Effekt auf die Entwicklung eines HCC zu. In einer
multizentrischen Fall-Kontrollstudie werteten Yu et al. (201) die
Auswirkungen reproduktiver Faktoren auf das HCC-Risiko aus und prüften
gleichzeitig, ob sich die Assoziation zwischen diesen Faktoren und
dem HCC bei HBV-infizierten und HBV-negativen Frauen unterscheidet.
218 Frauen mit HCC sowie 729 weibliche Kontrollen, überwiegend
Verwandte ersten Grades der Erkrankten, wurden in die Studie aufgenommen.
Das Risiko für die Bildung eines HCC war umgekehrt proportional
zu der Zahl normal verlaufender Schwangerschaften und dem natürlichen
Menopausenalter der Frauen (45 – 55 Jahre). Das vorzeitige
Sistieren der Ovarialfunktion (z.B. Ovarektomie) war ein Risikofaktor.
Eine zeitlich begrenzte Hormonsubstitutionstherapie war im Gegensatz
zur längerfristigen Therapie mit einem niedrigeren Risiko assoziiert.
Eine HBV-Infektion hatte keinen Einfluss auf die reproduktiven Faktoren.
Lediglich eine frühzeitig einsetzende Menarche (unter 12 Jahre
im Vergleich zu über 16 Jahre) erhöhte das HCC-Risiko
bei HBV-Infizierten gegenüber den HBV-negativen Frauen.
Diese Daten erklären zum Teil, dass auch in der Schwangerschaft
das HCC eine ausgesprochene Rarität darstellt. In den letzten
50 Jahren wurden weltweit annähernd 50 Fälle beschrieben.
Nicht nur das seltenere und spätere Auftreten des HCC bei Frauen
im Vergleich zu den Männern, sondern auch eine reduzierte Fertilität
bei Vorliegen einer Leberzirrhose lassen sich zur Erklärung
anführen.
Da in Hochinzidenzgebieten relativ häufiger jüngere Menschen
erkranken, stammen auch die meisten Beobachtungen aus diesen Regionen.
Die überwiegende Zahl der Patientinnen wies eine Leberzirrhose
oder eine HBV-Infektion auf, teils sind die Angaben zu Risikofaktoren
unvollständig oder fehlen ganz. Wenige Frauen wiesen weder
eine Leberzirrhose noch eine HBV- oder HCV-Infektion auf. In 3 Fällen
lag ein fibrolamelläres Karzinom vor.
Wie beim Leberzelladenom ist in der Schwangerschaft in gleicher
Weise für das HCC eine erhöhte Rupturgefahr gegeben. Die
medianen Überlebenszeiten von Schwangeren mit HCC sind kürzer
als bei nichtschwangeren Frauen. Günstiger dagegen ist die
Prognose bei Vorliegen eines fibrolamellären Karzinoms. Es
ist zu fragen, ob bei der Frau der oben beschriebene „protektive“
Effekt der Östrogene beim manifesten HCC sistiert und die Steroidhormone
insbesondere in der Schwangerschaft vielmehr jetzt zu einer Beschleunigung
der Wachstumskinetik beitragen. In der Schwangerschaft unterscheidet
sich die Symptomatik des HCC in fortgeschrittenen Stadien nicht
von der bei nichtschwangeren Patientinnen (20).
Die Diagnostik erfolgt durch bildgebende Verfahren einschließlich
gezielter Punktion. Problematisch ist die Bestimmung der a-Fetoproteinkonzentration
(AFP) im Serum als Tumormarker. Nur etwa in 50 – 90 % der
Patienten mit HCC findet sich eine AFP-Erhöhung, AFP ist nicht
spezifisch für ein HCC und Sensitivität und Spezifität
sind mäßig. Konzentrationen über 500 ng/ml werden
als nahezu beweisend für ein HCC angesehen. Werte über
200 ng/ml können aber auch physiologischerweise in der normalen
Schwangerschaft erreicht werden. AFP wird ab dem ersten Trimenon
in der fetalen Leber produziert und ist ab diesem Zeitpunkt im fetalen
Kreislauf, Fruchtwasser und maternalem Serum nachweisbar. Höhere
AFP-Konzentrationen finden sich auch bei einer Vielzahl angeborener
Fehlbildungen, insbesondere Neuralrohr- und Bauchwanddefekten. Ein
erhöhtes AFP in der 16. Schwangerschaftswoche kann also durchaus
ein Hinweis auf Missbildungen sein, die durch gezielte Sonographie
ausgeschlossen werden müssen. Bei unklarem sonographischen
Befund empfiehlt sich die simultane Bestimmung des AFP im maternalen
Serum und im Fruchtwasser.
Beim Nachweis eines HCC in der Schwangerschaft stellt sich, wie
außerhalb der Schwangerschaft, als erstes die Frage, ob eine
Option für die derzeit einzigen potenziell kurativen Therapien
wie Leberteilresektion, Lokalablation kleiner Tumorherde und Lebertransplantation
besteht. Diese operativen Verfahren dürften auch hier nur für
etwa ein Fünftel der Fälle in Frage kommen. In den beschriebenen
Fällen wurden entsprechend unterschiedliche Therapieverfahren
eingesetzt. Letztlich wird in interdisziplinärer Zusammenarbeit
im Wesentlichen abhängig vom genauen Schwangerschaftsalter,
dem Tumorstadium und dem Zustand der tumorfreien Leber im Einzelfall
zu klären sein, welche Therapieformen in Betracht zu ziehen
sind. Ebenso sollte die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch und
die Art des geburtshilflichen Vorgehens multidisziplinär getroffen
werden (4, 24, 80, 84).
↑
↑ ↑
1.3 Schwangerschaftsspezifische
Lebererkrankungen
1.3.1. Intrahepatische Schwangerschaftscholestase
(ICP)
Die ICP (idiopathischer Schwangerschaftsikterus)
bildet unter den schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankungen
die größte Gruppe, die Erkrankungshäufigkeit ist
in Deutschland vergleichbar mit den Erkrankungszahlen bei der akuten
Virushepatitis. Entsprechend finden sich im eigenen Krankengut jeweils
über 40 Virushepatitiden bzw. intrahepatische Schwangerschaftscholestasen.
Der Bezeichnung intrahepatische Schwangerschaftscholestase ist gegenüber
dem Terminus (rezidivierender) idiopathischer Schwangerschaftsikterus
der Vorzug zu geben, da er das Wesentliche dieser Erkrankung charakterisiert.
Der Ikterus ist zudem kein obligates Symptom.
Ätiologie und Pathogenese der ICP sind im
Einzelnen nicht bekannt, von einem multifaktoriellen Geschehen ist
auszugehen. Diskutiert werden hormonelle, genetische und noch zu
definierende Umweltfaktoren (s. Kap. 1.2.4.).
Für die zentrale Bedeutung der Steroidhormone lassen sich
mehrere Fakten anführen:
1. Die Erkrankung beginnt bevorzugt im letzten Trimenon, der Periode
mit den höchsten Östrogen- und Progesteron-Konzentrationen.
2. Die Cholestase bildet sich postpartal mit dem Abfall dieser Hormone
zurück.
3. Mehrlingsschwangerschaften erhöhen die Inzidenz der Cholestase.
4. In bis zu 70 % rezidiviert die Erkrankung bei einer erneuten
Schwangerschaft.
5. Bei entsprechender Überempfindlichkeit führt die Gabe
von Östrogenen (z.B. orale Kontrazeptiva) häufig zur Cholestase.
Tierexperimentelle Studien weisen darauf hin, dass Progesteron-Metaboliten
sowie Östrogene und deren Konjugate den Gallensäuretransport
auf hepatozellulärer Ebene durch Down-Regulation der entsprechenden
Transporter zu hemmen vermögen. Das betrifft sowohl die Aufnahme
von Gallensäuren an der basolateralen Membran aus der Pfortader
als auch den Export von unkonjugierten und konjugierten Gallensäuren
durch die ATP-abhängigen kanalikulären Exportpumpen. Ebenso
dürfte bei entsprechend prädisponierten Schwangeren den
zum Ende der Schwangerschaft etwa tausendfach erhöhten Steroiden
(Progesteron, Östrogene, Kortikosteroide) eine mitauslösende
Rolle zukommen. So findet sich bei der Schwangerschaftscholestase
ein erhöhter Anteil von sulfatierten Progesteronmetaboliten
im Serum, möglicherweise Folge einer gesteigerten Synthese
und eines selektiven gestörten kanalikulären Transports
(6, 62, 63, 104, 117, 124, 149, 152, 153, 183, 189).
Die überzufällig häufige positive Familienanamnese
und das vermehrte Vorkommen in bestimmten Populationen und Regionen
(Südamerika, Nordeuropa) sprechen auch für eine genetische
Prädisposition bei einem Teil der Schwangeren mit ICP. In Mitteleuropa,
Australien und Nordamerika liegt die Prävalenz bei 0,2 –
0,5 %, in Schweden und Finnland ist sie mit 1 – 2 % etwas
höher. Die höchsten Prävalenzraten wurden in Chile
und Bolivien mit 9 – 14 %, in bestimmten indianischen Populationen
sogar bis 27 % beobachtet. Seit etwa 30 Jahren findet sich jedoch
in Chile eine fallende Tendenz auf 4 – 6, 5 %, wahrscheinlich
als Folge von Umwelt- und Ernährungseinflüssen (104, 124,
153).
Als mögliche Ursachen dieser genetisch bedingten Cholestase
wurden verschiedene Mutationen der kanalikulären Transportpumpen
für Gallensäuren (BSEP, ABCB11-Gen) und Phosphatidylcholin
(MDR3, ABCB4-Gen) sowie des FIC1-(ATP8B1-)Gens nachgewiesen (Tab.
1.7). Bei ICP-Patientinnen fanden sich bisher über
10 Mutationen im ABCB4-Gen. Unterschiedlich ausgeprägte Verminderungen
der Phospholipidkonzentrationen in der Galle führen bei einigen
Schwangeren möglicherweise zur Schädigung der Gallengänge
durch die toxischen Effekte hydrophober Gallensäuren. Entsprechend
können die Aktivitäten der Gamma-GT im Serum wie auch
bei dem pädiatrischen Krankheitsbild der progressiven familiären
intrahepatischen Cholestase Typ 3 (PFIC-3), die ebenfalls durch
Mutationen im ABCB4-Gen verursacht wird, erhöht sein. Allerdings
stellt dies nur eine Variante dieses Cholestase-Syndroms dar, da
die meisten ICP-Patientinnen mit Mutationen im ABCB4-Gen, aber auch
im ATP8B1-Gen normale Gamma-GT-Werte aufweisen (17, 44, 83, 90,
108, 125, 130, 135, 138, 153, 168, 171, 187).
Die gleichen ABCB4-Gendefekte wie bei ICP und PFIC-3 sind auch
über ein verändertes Cholesterin-Phospholipid-Verhältnis
mit der Bildung von Cholesteringallensteinen assoziiert. Diese Mutationen
sind somit als weiterer pathogenetischer Faktor für die erhöhte
Prävalenz (bis zu 22 %) einer Cholelithiasis bei ICP-Patientinnen
anzusehen (83, 104, 124, 168). Des Weiteren wurden auch bei der
primär biliären Zirrhose (PBC) Mutationen im ABCB4-Gen
beschrieben. Diese Mutationen gehen offensichtlich bei all diesen
Erkrankungen mit einer reduzierten Funktion des MDR 3-Transporters
einher. Es liegt die Beschreibung einer Patientin mit ABCB4-Mutation
vor, die nacheinander an Gallensteinen, ICP und PBC als MDR 3-assoziierten
Krankheitsbildern erkrankte (108).
Reyes et al. (150) weisen auf intestinale Permeabilitätsstörungen
als einen weiteren Faktor in der Pathogenese der ICP hin. 5 von
20 ICP-Patientinnen wiesen eine Barrierestörung während
und nach der Schwangerschaft auf. Entsprechend sind Auswirkungen
auf den enterohepatischen Kreislauf von Hormonmetaboliten und Gallensalzen
oder auf die Aufnahme von bakteriellen Endotoxinen zu diskutieren.
Dieser Befund einer gesteigerten intestinalen Permeabilität
bei ICP bedarf weiterer Klärung an größeren Kollektiven.
Das gleiche trifft für die Frage zu, ob eine Hepatitis C-Infektion
das Risiko für die Entwicklung einer ICP über die Down-Regulation
kanalikulärer Exportpumpen erhöht. Eine Hepatitis C wird
häufiger bei ICP-Patientinnen als bei gesunden Schwangeren
nachgewiesen (106, 137, 158).
Offensichtlich ist zur Manifestation der ICP ein Überlappen
von vererbten Ursachen (spezifische Mutationen hepatobiliärer
Transportproteingene, erhöhte Darmpermeabilität) und erworbener
Kofaktoren (hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft, Medikamente,
Infekte, Selenmangel in der Nahrung, saisonale Einflüsse mit
einer Häufung im Winter etc.) notwendig.
Die ICP tritt bei entsprechend prädisponierten Graviden ohne
Bevorzugung irgendeiner Altersgruppe auf. Das erste und klinisch
führende Symptom der ICP, das bei 64 % im
3., bei 26 % im 2. und nur selten im 1. Trimenon beginnt, ist ein
meist intensiver Pruritus, der den Stamm oder die
Extremitäten oder beides zugleich befallen kann. Der Juckreiz
nimmt in der Regel nachts an Intensität zu und kann bei längerer
Dauer zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens
der Schwangeren führen. Über weitere Allgemeinsymptome,
insbesondere gastrointestinale Beschwerden, klagen etwa 20 –
30 % der Patientinnen (69, 70, 74, 76, 77, 104, 124, 149, 153).
Die Ursache des Pruritus bei ICP wie auch bei
anderen cholestatischen Leberkrankheiten ist weiterhin nicht geklärt.
Nach Stimulation markloser, sensorischer C-Nervenfasern in der Haut
wird der Juckreiz nach Reizfortleitung über Rückenmark
und Thalamus im Gyrus postcentralis der sensomotorischen Hirnrinde
wahrgenommen. Die Gallensäurespiegel im Serum wie in der Haut
korrelieren nicht mit der Intensität des Juckreizes und in
Spätstadien cholestatischer Lebererkrankungen kann sogar trotz
weiterer Erhöhung der Serumgallensäuren der Pruritus abnehmen.
Somit bleibt eine pathogenetische Bedeutung der Gallensäuren
offen, auch eine auslösende Rolle von Histamin ist nicht belegt.
Dagegen scheint den endogenen Opioiden und wahrscheinlich auch dem
Serotonin eine Mediatorfunktion zuzukommen(156,197). Wie die intrahepatische
Schwangerschafts-cholestase gehen verschiedene cholestatische
Syndrome, die auch in der Schwangerschaft zur Beobachtung
kommen können und entsprechend abgegrenzt werden müssen,
mit Pruritus einher (Tab. 1.9).
Tab. 1.9 Pruritus sine materia bei cholestatischen Lebererkrankungen
- Pruritus gravidarum, intrahepatische Schwangerschaftscholestase
- benigne rekurrierende intrahepatische Cholestase
- primär sklerosierende Cholangitis
- primär biliäre Zirrhose
- medikamentös-toxische Cholestase
- alkohol-toxische Lebererkrankungen
- Hepatitis C (auch ohne Cholestase)
- extrahepatische Cholestase-Syndrome |
Tab. 1.10 Pruritus bei schwangerschaftsspezifischen
Dermatosen
- pruritische urtikarielle Papeln und Plaques (PUPPP)
- Herpes gestationis
- Prurigo gestationis
- Impetigo herpetiformis
- papulöse Dermatitis (PDP)
- pruritische Follikulitis
- Autoimmun-Progesteron-Dermatitis (1. Trimenon) |
Der vorwiegend generalisierte Pruritus tritt hier primär auf
unveränderter, nicht entzündlicher Haut auf (ausgenommen
durch Kratzen induzierte Läsionen). Dagegen sind lokale Entzündungsmechanismen
als Auslöser des Pruritus bei den spezifischen Schwangerschaftsdermatosen,
die sich überwiegend im 2. und 3. Trimenon manifestieren, verantwortlich
(Tab. 1.10). Im Vergleich zu den häufiger
meist im 3. Trimenon auftretenden rumpfbetonten pruritischen
urtikariellen Papeln und Plaques in der Schwangerschaft
(PUPPP) sind die übrigen Schwangerschaftsdermatosen selten.
Letztlich gilt auch für die Schwangerschaft, dass beim Auftreten
eines lokalisierten oder generalisierten Pruritus eine Vielzahl
von Systemerkrankungen oder Dermatosen ursächlich in Betracht
zu ziehen ist (156, 197). Dem Pruritus folgt bei der ICP gewöhnlich
nach 1 – 2 Wochen ein Ikterus, der bei etwa 20 % der Patientinnen
deutlicher sichtbar wird. Etwa bei einem Drittel der Graviden bleibt
die Gelbsucht aus, so dass man eine anikterische Verlaufsform, den
Pruritus gravidarum, von einer ikterischen Verlaufsform unterscheiden
kann. Nach der Geburt verschwinden zunächst der Juckreiz und
dann die Gelbsucht innerhalb kurzer Zeit, spätestens nach 4
Wochen (69, 70, 74, 76, 77, 104, 124, 149, 153).
Das Leberpunktat zeigt histologisch eine unregelmäßig
verteilte fokale Cholestase mit Gallethromben in erweiterten Gallenkapillaren
und gelegentlich auch mit Gallepigment in benachbarten Leberzellen.
Elektronenmikroskopisch lässt sich darüber hinaus
zeigen, dass in den dilatierten Gallenkapillaren die Mikrovilli
rarefiziert oder nicht mehr nachweisbar sind. Und auch die bereits
für das letzte Schwangerschaftsdrittel einer normalen Schwangerschaft
recht typischen mitochondrialen Alterationen wie Größenzunahme,
Verformung und kristalline Einschlüsse können noch häufiger
und ausgeprägter vorhanden sein (Abb. 1.10 und 1.11).
Nach der Schwangerschaft bilden sich diese Veränderungen innerhalb
von 12 Wochen zurück (69, 70).
Kristalline Einschlüsse finden sich in etwa 10 % in der mitochondrialen
Matrix derartiger Megamitochondrien. Es handelt sich bei diesen
kristalloiden Innenstrukturen um zahlreiche parallel verlaufende
Membranen mit einem Durchmesser von etwa 10 nm und einem jeweiligen
Abstand von etwa 20 nm, wobei Zusammensetzung und Funktion nach
wie vor nicht geklärt sind (69, 70, 74, 100). Der Nachweis
gleichartiger Veränderungen auch nach Langzeiteinnahme von
oralen Kontrazeptiva (in höherer Dosierung), bei Chorionepitheliom
und Blasenmole lässt einen Steroideinfluss vermuten. Allerdings
ist dieses morphologische Bild nicht spezifisch, sondern findet
sich auch außerhalb der Schwangerschaft bei verschiedenen
Lebererkrankungen wie alkoholischer und nichtalkoholischer Steatohepatitis,
M. Wilson sowie kryptogener Zirrhose. Offensichtlich stellen die
Riesenmitochondrien in ihrer großen Formenvielfalt und den
kristallinen Einschlüssen Anpassungsreaktionen der Leberzelle
auf unterschiedliche Noxen dar, die insbesondere die Fettsäurenoxidation
und -synthese tangieren. Die ß-Oxidation in der Mitochondrienmatrix,
dem wichtigsten Weg des Fettsäurenabbaus, weist dabei eine
enge räumliche und funktionale Beziehung zum Zitratzyklus und
zur Atmungskette auf (s. Kap. 1.3.3.).
In Übereinstimmung mit diesen morphologischen Befunden weisen
die klinisch-chemischen Parameter die Konstellation
einer Cholestase auf. Von den Retentionsparametern Bilirubin und
Gallensäuren ist die Bestimmung der Gallensäuren im Serum
der sensitivste Parameter. Ein Anstieg der Gallensäuren im
Serum über 10 µmol/l kann in Einzelfällen der einzige
pathologische Laborbefund sein. Daher sollte bei einem Pruritus
in der Schwangerschaft und einem normalen Routinelabor (z.B. normale
γ-GT-Werte) eine Messung der Gallensäuren im Serum erfolgen.
Ist das fakultative Symptom des Ikterus vorhanden, liegt der Bilirubin-Spiegel
zumeist unter 6 mg/dl. Die Aktivität der γ-GT, die bereits
in der normalen Schwangerschaft tiefnormale Werte aufweist, bleibt
überwiegend normal und zeigt nur in 10 – 15 % einen Anstieg.
In diesen Fällen können Mutationen im ABCB 4 (MDR3)-Gen
vorliegen (Tab. 1.7). Aufgrund der Bildung plazentarer
Abb. 1.10 Intrahepatische Schwangerschaftscholestase: Im
Zentrum geringfügig erweiterte Gallenkanälchen mit Rarefizierung
der Mikrovilli und Gallepigment im Lumen. Vergr. 23000fach
Abb. 1.11 Intrahepatische Schwangerschaftscholestase: Riesenmitochondrion
mit heller, aufgelockerter Matrix und kristallinen Einschlüssen.
Geringgradige Vakuolisierung des endoplasmatischen Retikulums. Vergr.
23000fach.
Isoenzyme sind Aktivitätserhöhungen von AP und LAP schwierig
zu interpretieren. Die Aktivitäten von GOT und GPT sind normal
oder leicht bis mäßig erhöht (bis zu 250 U/l), nur
in Einzelfällen finden sich höhere Werte. Hier muß
differentialdiagnostisch das Vorliegen einer akuten Virushepatitis
oder einer toxischen Leberschädigung erwogen werden.
Keine Veränderungen zeigen die Aktivitäten der Gesamt-LDH
(ausgenommen ein fakultativer Anstieg perinatal) und der GLDH, während
die CHE gelegentlich noch deutlicher absinken kann als bereits in
der normalen Gravidität. Innerhalb von 3 Wochen nach der Geburt
kehren die Aktivitäten von GOT, GPT, CHE, Gesamt-LDH allmählich
zur Norm zurück, bei der AP kann dieser Zeitraum bis zu 12
Wochen betragen (Abb. 1.12) (44, 69, 70, 74, 76,
104, 124, 153, 202).
Die Veränderungen der Eiweißfraktionen im Plasma, die
sich bereits in der normalen Schwangerschaft ausbilden, können
in Abhängigkeit von der Schwere der Cholestase noch deutlicher
ausgeprägt sein. Die Albumine sind leicht vermindert, die Alpha-2-Globuline
mäßig und die Betaglobuline deutlich vermehrt. Die Gammaglobuline
sind daher stets niedriger als die Betaglobuline (Abb. 1.13)
(69, 70).
Abb. 1.12 Verlauf des Bilirubins und der Enzymaktivitäten
im Serum bei intrahepatischer Schwangerschaftscholestase (28-jährige
1-grav., 39. SSW). Ab 31. SSW Juckreiz, ab 33. SSW Stuhlentfärbung.
Normalisierung der Werte 3 Wochen postpartal.
Abb. 1.13 Quantitative Veränderungen der Serumeiweißfraktionen
in der Elektrophorese in der 40. Woche und 5 Tage post partum bei
intrahepatischer Schwangerschaftscholestase (32-jährige II
para).
Die Prothrombinzeit (Quick-Wert) ist normal oder nur leicht verlängert.
Nur bei länger dauernder Cholestase fällt die Prothrombinzeit
deutlich pathologisch aus, da durch die mangelhafte Vitamin K-Resorption
die Koagulationsfaktoren nur ungenügend synthetisiert werden.
Auch der bereits in der normalen Schwangerschaft nachzuweisende
Anstieg der Lipidfraktionen im Serum ist bei der intrahepatischen
Schwangerschaftscholestase noch stärker ausgeprägt. Gesamtcholesterin,
Phospholipide, Triglyzeride, VLDL und LDL sind vermehrt, HDL dagegen
vermindert. Ebenfalls wird Lipoprotein X nachweisbar. In der Lipoproteinelektrophorese
findet sich eine Typ IIb- oder Typ IV-Hyperlipoproteinämie
(nach Fredrickson).
Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase ist dadurch charakterisiert,
dass die Cholestase klinisch durch den Pruritus sehr deutlich wird,
klinisch-chemisch dagegen mäßig und morphologisch nur
sehr gering in Erscheinung tritt. Diese Befunde sind zwar typisch,
ein eigentlich beweisendes Symptom existiert jedoch nicht, so dass
die Diagnose in Einzelfällen schwierig sein kann. Es müssen
verschiedene andere Erkrankungen vorwiegend mit Cholestase-Syndrom,
die zum Teil eine recht unterschiedliche Ätiologie aufweisen,
ausgeschlossen werden (Tab. 1.9).
Neben den in Tab. 1.9 aufgeführten Erkrankungen
sind weiterhin cholestatische Verlaufsformen einer akuten Virushepatitis
und die ohne Pruritus einhergehenden funktionellen Hyperbilirubinämien
zu nennen. Auf eine diagnostische Leberbiopsie kann in der Regel
verzichtet werden.
Die mütterliche Prognose ist günstig,
die ICP hinterlässt trotz hoher Rezidivneigung von 45 –
70 % keine bleibenden Leberschäden. Es besteht allein eine
Gefährdung durch einen vermehrten uterinen Blutverlust bei
Abfall der Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren. Aufgrund
des drei- bis vierfach erhöhten Risikos der ICP-Patientinnen
für Cholesteringallensteine muss allerdings im Langzeitverlauf
mit einer erhöhten Inzidenz von akuter Cholezystitis, akuter
Cholangitis und akuter biliärer Pankreatitis gerechnet werden
(46, 94, 124, 153, 202).
Eingeschränkt ist dagegen die kindliche Prognose
durch Wachstumsretardierung, erhöhte Frühgeburtlichkeit
und erhöhte perinatale Mortalität, so dass Schwangerschaften
bei ICP als Risikoschwangerschaften einzuschätzen sind (30,
46, 47, 94, 124, 136, 153, 202). Die Angaben zur Frühgeburtlichkeit
variieren zwischen 12 – 60 %, im Durchschnitt dürfte
die Zahl um 20 % liegen. Das verminderte Geburtsgewicht bei der
ICP ist zum Teil Folge einer verkürzten Schwangerschaftsdauer,
die generell bei cholestatischen Ikterusformen zu beobachten ist.
Der Geburtstermin liegt im Mittel zwischen der 36. und 38. Woche.
Thorling wies bereits 1955 in einer der ersten umfassenden Darstellungen
der ICP auf das verminderte Geburtsgewicht hin (Abb. 1.14)
(185).
Das Risiko der perinatalen Mortalität (bis zu 25 %) lässt
sich nur teilweise durch die Unreife infolge der verkürzten
Tragezeit (10 –20 %) erklären. In 0,4 – 3,5 % kann
es – sogar bei reifen Kindern – zum plötzlichen
intrauterinen Fruchttod oder zum Tod unter der Geburt kommen. Als
Hinweis auf eine fetale Asphyxie ist das gehäufte Auftreten
von Bradykardien (bis 14 %) und mekoniumhaltigem Fruchtwasser (20
– 44 %) zu sehen. Die Gründe für die vermehrte Frühgeburtenrate
wie für den plötzlichen Fruchttod sind im Einzelnen noch
zu
Abb. 1.14 Geburtsgewicht in g von 34 Kindern bei ICP (graue
Säulen) im Vergleich mit 39 Kindern bei normaler Schwangerschaft
(weiße Säulen) (185).
klären. Bisher ist wenig über die pathogenetische Rolle
der erhöhten sulfatierten Progesteronmetaboliten bekannt. Es
ist zu fragen, ob sie eine Hemmung der fetalen Steroidsynthese nach
Passage der Plazenta bewirken. Im Vordergrund der Diskussion stehen
derzeit die erhöhten mütterlichen Gallensäuren-Konzentrationen,
die zu einer Akkumulation von toxischen hydrophoben Gallensäuren
auf Seiten des Feten infolge einer gestörten materno-fetalen
Gallensäurenbalance führen. Zum einen besteht ein verstärkter
Übertritt mütterlicher Gallensäuren, zum anderen
ist zusätzlich der physiologische Transfer von Gallensäuren,
die vom Feten nicht metabolisiert werden können, über
die Plazenta zur Mutter bei der ICP gestört.
Letztlich werden, auch auf der Basis tierexperimenteller Untersuchungen,
den erhöhten Gallensäurenkonzentrationen verschiedene
Schädigungsmechanismen zugeschrieben:
- Schädigung der Hormonproduktion der Plazenta
- Störung der Transportfunktion der Plazenta
- vermehrte Vasokonstriktion der Plazentagefäße
- Störung der fetalen Herzfunktion
- vorzeitige Wehentätigkeit durch erhöhte Sensitivität
der Uterusmuskulatur gegenüber Oxytocin (30, 35, 62, 116, 124).
Die ICP als Risikoschwangerschaft bedarf der intensiven ambulanten,
ggf. etwa ab der 37. Woche stationären Überwachung. Nichtinvasives
und invasives Monitoring (Kardiotokographie, Sonograpie, Dopplersonographie,
fetale Echokardiographie, Amniozentese, Amnioskopie, fetale Mikroblutanalysen
etc.) erlauben eine fortlaufende Zustandsbeurteilung des Feten,
so dass akute Gefährdungen rechtzeitig erkannt und somit ein
Eingreifen, wie z. B. die vorzeitige Geburtseinleitung, zum optimalen
Zeitpunkt gewährleistet werden.
Da deutlich erhöhte Gallensäurenkonzentrationen im mütterlichen
Serum mit einer gesteigerten fetalen Komplikationsrate korrelieren
(46, 62), dürfte zukünftig der Bestimmung dieses Parameters
nicht nur eine diagnostische, sondern im pränatalen Monitoring
auch eine prognostische Bedeutung zukommen. So wiesen in einer schwedischen
Studie von 693 Frauen mit ICP, charakterisiert durch Pruritus und
Nüchtern-Serumgallensäuren > 10 µmol/l, 19 %
eine schwere Verlaufsform mit erhöhtem fetalen Risiko bei Gallensäurenspiegeln
> 40 µmol/l und 81 % eine milde Verlaufsform ohne gesteigerte
Gefährdung des Feten bei Gallensäurenspiegeln zwischen
10 – 39 µmol/l auf (47).
Um geburtshilfliche Komplikationen zu vermeiden, sollte bei der
intrahepatischen Schwangerschaftscholestase wöchentlich die
Bestimmung der Prothrombinzeit nach Quick, noch besser die der Einzelfaktoren
durchgeführt werden. Bei länger dauernder Cholestase und
bei einem deutlichen Absinken des Quick-Wertes unter 60 % (bei normalem
Antithrombin III) empfiehlt sich zur Blutungsprophylaxe, auch des
Kindes, die Substitution von Vitamin K.
Bei der ICP wurden verschiedene Substanzen mit unterschiedlichen
Wirkmechanismen zur Verminderung von Pruritus und/oder Cholestase
therapeutisch eingesetzt:
Antihistaminika |
Medizinalkohle |
Dexamethason |
Naloxon |
S-Adenosylmethionin |
Guarmehl |
Epomediol (Terpenoid) |
Phenobarbital |
Silymarin |
Colestyramin |
Rifampicin |
Ursodeoxycholsäure |
Benzodiazepine |
|
Die Therapien waren jedoch meistens erfolglos, unzureichend wirksam
oder wurden wegen Nebenwirkungen nur selten eingesetzt. Aufgrund
kontrollierter Studien ist heute die Ursodeoxycholsäure
(UDC) das Medikament der Wahl. Ausschließlich
eine Linderung des Juckreizes lässt sich in den meisten Fällen
mit Colestyramin erzielen (30, 43, 47, 94, 124, 136, 153, 202).
Colestyramin (anfangs 12 – 16 g/Tag, später 4 –
8 g/Tag) sowie alternativ Colestipol sind nichtresorbierbare Resine
und wirken als Ionenaustauscherharze. Sie binden Gallensäuren,
hohe Dosen führen zur Steatorrhoe infolge verminderter Fettresorption.
Weiterhin ist die Resorption von fettlöslichen Vitaminen eingeschränkt,
die eventuell substituiert werden müssen. Ebenso sind Arzneimittelinteraktionen
bekannt, wie z.B. die verminderte Resorption von Kortikosteroiden,
Antikoagulanzien, UDC, Phenobarbital etc. Übelkeit, Erbrechen,
abdominelle Beschwerden und Obstipation zählen zu den unerwünschten
Wirkungen dieser Substanzen, die bei etwa drei Vierteln der Graviden
den Pruritus deutlich zu lindern vermögen. Dieser Effekt der
Juckreizmilderung durch Colestyramin deutet auf eine enterohepatische
Zirkulation des bisher nicht eindeutig identifizierten Pruritogens
hin.
Der Wirkmechanismus von UDC bei ICP ist komplex und noch nicht
in allen Einzelheiten bekannt. UDC, eine hydrophile, nichttoxische
Gallensäure, bewirkt eine Steigerung des Galleflusses, vermindert
die Konzentration der hydrophoben Gallensäuren im mütterlichen
Serum und verbessert den Gallensäuretransport über die
Plazenta mit der Folge einer verbesserten materno-fetalen Gallensäurebalance.
Zusätzlich wird eine Zytoprotektion, eine Immunmodulation und
eine Verminderung der Apoptose vermittelt. In einer oralen Dosis
von 10 – 15 mg/kg Körpergewicht/Tag (Tagesdosis etwa
1 g) haben sich nicht nur eine deutliche Besserung des cholestatischen
Pruritus, der Leberenzymaktivitäten und des Bilirubins, sondern
auch weniger Schwangerschaftsprobleme und eine bessere Prognose
für die Kinder objektivieren lassen. Eine chilenische Arbeitsgruppe
gehörte zu den ersten, die vor 15 Jahren diese Effekte zeigen
konnte (Abb. 1.15) (30, 47, 94, 114, 136, 202).
Abb. 1.15 Effekte von UDC (15 mg/kg/Tag) bei intrahepatischer
Schwangerschaftscholestase (n=8), (mod. nach 136)
Hand in Hand mit diesem positiven Effekt der UDC geht eine verbesserte
Pränatalmedizin, die ebenfalls zur Senkung der perinatalen
Mortalität beiträgt. Da UDC nicht oder nur in geringen
Mengen in der Muttermilch zu finden ist, scheint das Stillen unter
der Einnahme von UDC unbedenklich zu sein. Ob eine erhöhte
Dosis von 20 – 25 mg/kg Körpergewicht/Tag einen zusätzlichen
Nutzen hat, müssen weitere Studien klären.
Offensichtlich stellt die ICP eine milde Verlaufsform hereditärer
Cholestasen dar, so dass sich in der Regel die Gabe von UDC auf
die Restfunktion des Transporters günstig auswirkt.
Zur Verringerung des fetalen Risikos sollte auch bei anderen Cholestase-Syndromen
in der Schwangerschaft der Einsatz von UDC diskutiert werden (Tab.
1.11).
Tab. 1.11 Lebererkrankungen während der Schwangerschaft,
bei denen die Gabe von Ursodeoxycholsäure zu diskutieren ist
Obstruktiv bedingte Cholestase
Primär sklerosierende Cholangitis
Nichtobstruktiv bedingte Cholestasen
Primäre Cholestasen:
intrahepatische Schwangerschaftscholestase
familiäre Cholestasen
medikamentös-toxische Leberschäden vom Cholestasetyp
Sekundäre Cholestasen:
akute und chronische virale Hepatitiden
Autoimmunhepatitis
Leberzirrhosen verschiedener Genese
primär biliäre Zirrhose |
↑
↑ ↑
1.3.2. Präeklampsie/HELLP-Syndrom
Das Auftreten von HELLP-Syndrom oder Eklampsie
(tonisch-klonische Krampfanfälle) signalisiert eine besonders
schwere Verlaufsform der Präeklampsie. Das Akronym HELLP steht
für „hemolysis“, „elevated liver enzymes“
(mehr als das Dreifache der Standardabweichung vom Normwert) und
„low platelets“ (Thrombozytopenie < 100.000/µl).
Der Begriff des HELLP-Syndroms, 1982 von Weinstein (196) geprägt,
ist allerdings nicht neu. Bereits 1921 wies Stahnke (180) auf Hämolyse
und Thrombozytopenie im Rahmen schwerer Eklampsien hin. In der Vergangenheit
wurden weitere Begriffe wie EPH-Gestose Typ B, hepatic toxemia,
hepatische Eklampsie oder hepatogene Verlaufsform der EPH-Gestose
zur Kennzeichnung dieser Komplikation benutzt (70, 71, 74).
Schwangere mit Präeklampsie bzw. Eklampsie entwickeln in 4
– 35 % zusätzlich ein HELLP-Syndrom. Die Inzidenz
des HELLP-Syndroms liegt heute bei 0,17 – 0,8 % aller Lebendgeburten,
aufgrund einer verbesserten Schwangerenvorsorge sank dagegen die
Eklampsierate auf jetzt 0,03 – 0,1 % aller Geburten (147,
148).
Das Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie
ist bei familiärer Belastung (Auftreten bei Mutter und/oder
Schwester), bei Erstgebärenden (52 – 81 %), besonders
bei jungen Erstgebärenden und Spätgebärenden (über
35 Jahre), bei Präeklampsie in früherer Schwangerschaft
und bei Mehrlingsschwangerschaften erhöht.
Verschiedene internistische Grunderkrankungen wie Nierenerkrankung,
chronische Hypertonie, Adipositas, Diabetes mellitus, systemischer
Lupus erythematodes, Sklerodermie sowie das Vorliegen thrombophiler
Risikofaktoren bedingen ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Insbesondere bei Auftreten von Präeklampsie bzw. HELLP-Syndrom
vor der 34. Schwangerschaftswoche sollte nach angeborenen (Protein-S-
und Protein-C-Mangel, Faktor V-Leiden-Mutation u.a.) und erworbenen
(Lupusantikoagulans, Anti-Phospholipid-Antikörper) Thrombophilien
als prädisponierende Faktoren gefahndet werden.
Die Schwangerschaftsthrombozytopenie (Grenzwert < 70.000/µl),
die bei etwa 5 % der Schwangerschaften auftritt, weist ebenfalls
ein erhöhtes Risiko für das spätere Auftreten eines
HELLP-Syndroms auf (148).
Die Ätiologie der Präeklampsie ist nicht
sicher bekannt. Mehrere pathogenetische Mechanismen
werden diskutiert wie eine genetische Prädisposition, angeborene
und erworbene Thrombophilien, utero-plazentare Perfusionsstörungen,
eine Überempfindlichkeit der Gefäße gegenüber
vasopressorischen Substanzen, ein Ungleichgewicht zwischen Prostacyclin
und Thromboxan A2 sowie eine pathologische Immunreaktion der Mutter
gegenüber dem Feten. Als Folge dieser Störungen kommt
es zu segmentalen Vasospasmen mit Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes,
zu Endothelläsionen sowie zu gesteigerter intravaskulärer
Gerinnungsaktivierung und herabgesetzter fibrinolytischer Aktivität.
Die resultierende Mikroangiopathie hat eine Schädigung der
Erythrozyten mit Hämolyse zur Folge sowie einen vermehrten
Thrombozytenverbrauch bzw. –umsatz (147, 148, 198).
Bei leichter Präeklampsie können Mikrozirkulationsstörungen
und eine subklinische chronische Verbrauchskoagulopathie vom mütterlichen
Organismus voll kompensiert werden. Persistieren jedoch bei schwerer
Eklampsie sowie bei HELLP-Syndrom und Eklampsie endotheliale Dysfunktion
und intravasale Gerinnungsaktivierung mit Thrombozytenverbrauch
kann sich innerhalb von Stunden eine disseminierte intravaskuläre
Gerinnung (DIG) bis hin zur Verbrauchskoagulopathie entwickeln.
Die Folgen sind Thrombosen und Mikrozirkulationsstörungen in
zahlreichen Organsystemen (Gehirn, Nieren, Leber u.a.) in wechselnder
Ausprägung. Es resultiert ein variables klinisches Bild einschließlich
Multiorganversagen.
Die Leber nimmt in der Regel bei der Präeklampsie
wie auch bei der Hyperemesis gravidarum keine führende Stellung
im Krankheitsverlauf ein, und es besteht auch keine sichere Korrelation
zwischen dem Ausmaß der Leberbeteiligung und der Schwere der
Präeklampsie. Die Leber ist somit weder obligat noch adäquat
bei der Präeklampsie beteiligt. Die Gründe für diese
unterschiedliche Leberbeteiligung, für eine „Prädisposition“
bestimmter Schwangerer, speziell beim HELLP-Syndrom, sind unbekannt
(70, 71, 74).
Klinik. Das HELLP-Syndrom tritt in der fortgeschrittenen
Schwangerschaft am häufigsten zwischen der 32. bis 34. Schwangerschaftswoche,
seltener in den vorhergehenden Wochen (bis 10 %) und in bis zu 30
% um die Geburt und im frühen Wochenbett auf. Bei der Art der
Leberschädigung beim HELLP-Syndrom – und die Leber steht
im Mittelpunkt dieses Syndroms – handelt es sich um eine akute
Durchblutungsstörung in sehr unterschiedlicher Ausprägung
(70, 71, 74). Bereits vor fast 50 Jahren konnte die Minderdurchblutung
der Leber gezeigt werden. Während die Durchblutung bei Nichtschwangeren
und gesunden Schwangeren in gleicher Weise 1830 ml/min pro 1,73
m² betrug, sank sie bei Präeklampsie auf 1017 ml/min pro
1,73 m² ab (61). Als Folge des obstruktiven intravasalen Gerinnungsprozesses
kommt es zu einer Behinderung des Blutflusses und damit zur akuten
Leberstauung. Entsprechend ist die Leber vergrößert und
die Kapsel straff, was wiederum das klinische Leitsymptom mit Schmerzen
im rechten Oberbauch (86 – 92 % der Fälle), oft begleitet
von Übelkeit und Erbrechen (45 – 86 %) erklärt.
In 20 – 40 % der Fälle können Oberbauchschmerzen
der klinisch-chemischen Manifestation um Tage vorausgehen. Bis zu
20 % der Schwangeren haben keinen Bluthochdruck, bis zu 15 % keine
oder nur eine geringe Proteinurie, bei 15 % fehlen die klinischen
Zeichen der Präeklampsie vollständig (HELLP-Syndrom sine
preeclampsia). In diesen Fällen können die Leitsymptome
„Oberbauchschmerzen“ oder „Übelkeit und Erbrechen“
klinisch richtungweisend sein (70, 71, 147).
Das HELLP-Syndrom ist am häufigsten der Auslöser von
Oberbauchschmerzen, jedoch müssen verschiedene andere Erkrankungen
in die differentialdiagnostischen Erwägungen einbezogen werden
(Tab. 1.12). Zur Differentialdiagnose von Übelkeit und Erbrechen
s. Tab. 4.3. Treffend wurde die schwere Präeklampsie als „another
great imitator“ bezeichnet.
Tab. 1.12 Differentialdiagnose des Oberbauchschmerzes in
der Spätschwangerschaft
- schwere Präeklampsie, Eklampsie, HELLP-Syndrom
- akute Schwangerschaftsfettleber
- akute Hepatitis; akute Pankreatitis
- Refluxkrankheit der Speiseröhre
- Cholelithiasis, akute Cholezystitis
- akute gastroduodenale Erosionen und Ulzera (gehäuft
bei Präeklampsie!)
- akute Pyelonephritis
- akute Appendizitis |
Diagnostik. Unabhängig von der Ausprägung
der Präeklampsie-Symptomatik muss bei Schwangeren mit unklaren
abdominellen Beschwerden auch an die Entwicklung eines HELLP-Syndroms
gedacht werden. Im Rahmen einer intensiven geburtsmedizinischen
Überwachung sollte im Verdachtsfalle das in Tab. 1.13
aufgeführte Laborscreening konsequent durchgeführt werden.
Bei unklaren Befunden müssen diese klinisch-chemischen Parameter
in 6- bis 8-stündlichen Abständen erneut kontrolliert
werden. Ein beginnendes Syndrom kann in wenigen Stunden in das Vollbild
mit der charakteristischen laborchemischen Trias übergehen.
Tab. 1.13 Laborscreening bei Verdacht auf HELLP-Syndrom
Hämolyse: |
Haptoglobin, Hämoglobin (verringert) Fragmentozyten
Bilirubin gesamt, LDH (erhöht) |
Leberschaden: |
GPT, GOT, GLDH, LDH (erhöht) γ-GT (normal)
CHE (erniedrigt)
Glukose |
Thrombozytopenie: |
Thrombozytenzahlen (< 150.000/µl) |
Reduziertes Plasmavolumen: |
Hämatokrit (über 38 %) |
Nierenschaden: |
Harnsäure (über 5 mg/dl) |
Gerinnungsstörungen: |
Antithrombin III (verringert)
D-Dimere (erhöht)
Quick-Wert, Fibrinogen, Thrombinzeit
(seltener pathologisch) |
Abb. 1.16 HELLP-Syndrom (22-jährige Patientin, 32.
SSW). Anstieg der LDH-Aktivitäten und der Konzentration des
Gesamt- Bilirubins im Serum.
Je nach Ausprägung der Hämolyse findet
sich ein Anstieg des überwiegend indirekten Bilirubins bis
2,5 mg/dl, aber auch höher, sowie eine Erhöhung der Aktivitäten
von LDH und HBDH im Serum (Abb. 1.16). Die Haptoglobinkonzentration
ist vermindert, die Retikulozytenzahl erhöht und Fragmentozyten
werden im peripheren Blutausstrich nachweisbar. Postpartal normalisiert
sich die Haptoglobinkonzentration, der sensitivste Hämolyseparameter,
in der Regel in 1 – 2 Tagen.
Bei progredienter Erkrankung kann es innerhalb weniger Stunden
zu einer Thrombozytenzahlverminderung auf <
50.000/µl kommen. Mütterliches und kindliches Morbiditätsrisiko
korrelieren wahrscheinlich mit dem Ausmaß der Thrombozytopenie.
Neben der dynamisch abfallenden Thrombozytenzahl auf < 100.000/µl
weisen ein Anstieg der D-Dimere und ein Abfall von Antithrombin
III auf einen schweren Krankheitsverlauf hin. Die globalen Gerinnungsparameter
wie Quick-Wert, Fibrinogen und Thrombinzeit sind dagegen weniger
sensitiv. Blutungskomplikationen in verschiedenen Organen sind auf
eine Thrombozytopenie hinweisende klinische Zeichen (Abb.
1.17) (Tab. 1.14).
Postpartal kommt es in 20 – 30 % zu einer reaktiven Thrombozytose
mit erhöhter Thrombemboliegefahr, so dass sich die Gabe von
niedrigdosiertem Heparin und Acetylsalicylsäure empfiehlt (Abb.
1.18).
Abb. 1.17 HELLP-Syndrom (dieselbe Patientin wie in Abb. 1.16)
Verminderung der Thrombozytenzahl und der Hämoglobinkonzentration
Abb. 1.18 HELLP-Syndrom (20-jährige Patientin, 33.
SSW). Reaktive Thrombozytose
Tab. 1.14 Thrombozytopenien während der Schwangerschaft
Isolierte Thrombozytopenien
Schwangerschaftsthrombozytopenie (150.000 bis 70.000/µl)
Autoimmunthrombozytopenie (ITP)
von Willebrand-Jürgens-Syndrom Typ II
medikamentenbedingte Thrombozytopenie
angeborene Thrombozytopenie
Thrombozytopenien bei Systemerkrankungen
Schwangerschaftsunabhängig
thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
Verbrauchskoagulopathie (DIG)
Antiphospholipidsyndrom
Lupus erythematodes
Hyperspleniesyndrom (z.B. bei portaler Hypertension)
Schwangerschaftsspezifisch
Präeklampsie/HELLP-Syndrom
akute Schwangerschaftsfettleber |
Die akute Durchblutungsstörung der Leber
beim HELLP-Syndrom ist primär in der Peripherie des Läppchens
lokalisiert. Minderung von Sauerstoff und akuter Mangel an Substraten
führen zunächst zu einer Störung der Zellabdichtung,
so dass die Enzyme entsprechend ihrem Konzentrationsgefälle
in die Zirkulation austreten. Je stärker die Einzelzelle geschädigt
wird und je mehr Areale in der Leber betroffen sind, umso höher
ist dieser Enzymanstieg. Entsprechend erweisen sich Enzymbestimmungen
im Serum auch beim HELLP-Syndrom als die sensibelsten Indikatoren
einer Leberzellschädigung. Im eigenen Krankengut (Tab.
1.15) findet sich bei etwa 80 % der HELLP-Patientinnen
ein leichter bis mäßiger Anstieg der Aktivitäten
von GPT und GOT bis 200 U/l. Bessert sich die Situation postpartal,
erlangen die Zellen ihre Integrität wieder und innerhalb von
1 – 2 Wochen kommt es zum raschen Abfall der erhöhten
Enzymaktivitäten im Serum, nahezu den physiologischen Halbwertzeiten
entsprechend (70, 71, 74, 77).
Tab. 1.15 Verhalten der Aktivitäten von GPT und GOT
im Serum bei HELLP-Syndrom (eig. Krankengut)
Diese rasche Normalisierung nach der Geburt und die höheren
Werte der zytosolischen GPT gegenüber der bilokulären
GOT (zu 70 % in den Mitochondrien) weisen darauf hin, dass die aktuelle
Zellschädigung relativ leicht ist. Allerdings ist bei stärkeren
Schäden der Aktivitätsanstieg der GOT höher als derjenige
der GPT. Die engen zeitlichen Beziehungen zum Entbindungstermin
werden daran deutlich, dass sich bei drei Vierteln der Schwangeren
das HELLP-Syndrom präpartal manifestiert, d.h. die höchsten
Aktivitäten der Transaminasen werden kurz vor und nach der
Geburt gemessen (Abb. 1.19).
Die Aktivität der γ-GT im Serum ist meist normal, in
Einzelfällen kann sie aber auch erhöht sein (Abb.
1.20). Je nach Schwere der Einzelzellschädigung und
Verminderung der Durchblutung können die Syntheseleistung und
damit die Aktivität der Cholinesterase vermindert sein. Bei
den seltenen schweren Verlaufsformen und/oder Schockzuständen
findet man im Serum einen steilen Anstieg der Aktivitäten von
GOT, GPT, LDH und besonders der mitochondrialen GLDH auf Werte von
mehreren Hundert bis zu einigen Tausend U/l (70, 71, 74).
Dieses Enzymmuster ist jedoch nicht pathognomonisch für die
schwere Verlaufsform des HELLP-Syndroms, sondern ist Ausdruck einer
uniformen Reaktion der Leber auf jede schwere Durchblutungsstörung
unabhängig von ihrer Ätiologie. Hier wird die enge Integration
der hepatischen in die systemische Zirkulation deutlich. So findet
sich außer im Schock dieses Enzymmuster infolge akuter Durchblutungsstörung
bei akuter Rechtsherzinsuffizienz, bei akuter Pfortaderthrombose,
bei akutem Verschluss der Arteria hepatica und auch bei einer (speziell
der gedeckten) Leberruptur, die ebenfalls zu einem hypoxischen Schaden
führen kann (Abb. 1.21) (70, 71, 74).
Auch das morphologische Bild kann in Abhängigkeit
von Ausmaß und Dauer der Zirkulationsstörungen erheblich
variieren.
Histologisch charakteristisch sind in leichten
Fällen Fibrinthromben in den Sinusoiden vorwiegend der Läppchenperipherie.
Bei stärkerer Schädigung kann es in diesen Arealen zu
Blutungen kommen, und die Zellen können einzeln oder in Gruppen
nekrotisch werden. Typischerweise weisen die Fibrinablagerungen
und hämorrhagischen Nekrosen eine portale Verteilung auf. Bei
noch schwereren Alterationen breiten sich die hämorrhagischen
Nekrosen aus; sie können ganze Läppchen erfassen bis hin
zur Bildung ausgedehnter Hämatome.
a)
b)
Abb. 1.19 HELLP-Syndrom. Verhalten der Aktivitäten
von GOT und GPT im Longitudinalschnitt
a) leichte Zellschädigung (n=26)
b) ausgeprägte Zellschädigung (n=5)
(Normwerte: GOT < 15 U/l, GPT < 17 U/l)
Kommt es bei der Patientin zu einem Schock, so pfropfen
sich auf dieses Bild zusätzlich zentroazinäre Nekrosen
auf, so dass ausgedehnte flächenhafte Nekrosen und Blutungen
das Parenchym durchziehen. Entzündliche Infiltrate fehlen anfangs.
Erst bei längerem Krankheitsverlauf sind Kupferzellaktivierungen
sowie eine Vermehrung von polymorphkernigen Granulozyten und Rundzellen
zu beobachten. Nach Überstehen der Erkrankung bilden sich diese
Veränderungen ohne Restschäden zu hinterlassen zurück
(Abb. 1.22).
Makroskopisch ist die Leber vergrößert,
die Kapsel straff. Beim Auftreten von Blutungen (Häufigkeit
2 – 2,5 %) sind diese unregelmäßig verteilt, von
variabler Größe und unregelmäßiger Begrenzung.
Bevorzugt liegen die Blutungen unter der Kapsel des rechen Leberlappens
mit der ständig drohenden Gefahr der Ruptur (1,5 – 1,8
%) (Abb. 1.23).
Bei jedem Verdacht auf HELLP-Syndrom sind für die Diagnose
die bildgebenden Verfahren, vor allem die Sonographie,
optional. Erste Hinweise können diffuse oder landkartenartige
Änderungen in der Dichte der Leberstruktur und ein abgerundeter
Leberrand sein, Zeichen, die bereits vor dem Nachweis klinisch-chemischer
Veränderungen vorhanden sein können. In sonographischen
Verlaufsuntersuchungen sollte es gelingen, die Entwicklung von intrahepatischen
oder subkapsulären Hämatomen, einer Fettleber, einer Pankreatitis,
einer pathologischen Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum, eines
Pleuraergusses oder einer Cholelithiasis nachzuweisen oder auszuschließen
Abb. 1.20 HELLP-Syndrom. Verhalten der Aktivität
der γ-GT im Longitudinalschnitt (n=31) (Normwert < 18 U/l)
Abb. 1.21 Verlauf der Aktivitäten von GOT, GPT, GLDH
im Serum bei Spontanruptur eines subkapsulären Hämatoms
in der 27. Schwangerschaftswoche bei Präeklampsie
Abb. 1.22 HELLP-Syndrom. Läppchenperiphere Fibrinausfällungen
Abb. 1.23 HELLP-Syndrom. Subkapsuläre Hämatombildungen
Der Verlauf des HELLP-Syndroms ist im Einzelfall
nicht vorhersehbar. Es gibt schleichende Verläufe mit sehr
langsamer Entwicklung, intermittierende Verläufe mit spontaner
Remission und Rückbildungen der pathologischen Laborparameter
unter medikamentöser Therapie mit der Gefahr erneuter Schübe.
Dagegen stehen foudroyante Verläufe mit teils irreversiblen
Schäden, die in wenigen Stunden aus einer Präeklampsiesymptomatik
hervorgehen.
Die Zahlen für das Wiederholungsrisiko für
ein HELLP-Syndrom variieren zwischen 2,1 und 19 %, sie liegen in
Deutschland bei 14 % (147).
Mit Komplikationen muss beim HELLP-Syndrom häufiger
als bei der Eklampsie gerechnet werden:
- Entwicklung einer disseminierten intravaskulären Gerinnung/Verbrauchskoagulopathie
(bis 38 %)
- Kombination mit Eklampsie (bis 30 %)
- vorzeitige Plazentalösung (bis 16 %)
- Niereninsuffizienz (bis 8 %)
- Lungenödem (bis 6 %)
- Pleuraergüsse (bis 6 %)
- intrakranielle Blutung (5 %).
Die gastroenterologischen Komplikationen beinhalten
Aszitesbildung (bis 8 %), gastrointestinale Blutungen, die seltene
Kombination mit einer akuten Schwangerschaftsfettleber, intrahepatische
Blutungen (bis 2,5 %) und als gefährlichste Komplikation die
Leberruptur (bis 1,8 %).
Die mütterliche Sterberate beim HELLP-Syndrom
liegt weltweit bei etwa 3 %. Die kindliche Mortalität
beträgt 7,7 – 37 %. Die hohe fetale Gefährdung
ist einmal bedingt durch vorzeitige Plazentalösung und intrauterine
Asphyxie vor allem als Folge von chronischer Plazentainsuffizienz
mit intrauteriner Wachstumsretardierung und ergibt sich zum anderen
aus der Frühgeburtlichkeit, die aus der sofortigen Schwangerschaftsbeendigung
bei schwerem Verlauf insbesondere vor der 34. Schwangerschaftswoche
resultiert (147, 198).
Große differentialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten
schwere Verlaufsformen des HELLP-Syndroms, die ein Multiorganversagen
mit disseminierter intravaskulärer Gerinnung und Verbrauchskoagulopathie
aufweisen, gegenüber anderen akut ikterischen Krankheiten mit
generalisierter Organbeteiligung am Ende der Schwangerschaft (Tab.
1.16). Trotz unterschiedlicher Ätiologie gibt es große
klinische Ähnlichkeiten. Da die Schwangerschaft bei diesen
Multisystemerkrankungen (ausgenommen akute Hepatitis und M. Wilson)
ein auslösender Faktor ist, sollte eine rasche Beendigung der
Schwangerschaft angestrebt werden. Nur in diesen Fällen, wenn
Unklarheit besteht, ist die Leberpunktion (wenn möglich transjugulär)
zu diskutieren. Ansonsten ist die Leberpunktion nicht Bestandteil
der Diagnostik beim HELLP-Syndrom.
Tab. 1.16 Differentialdiagnose akuter ikterischer Krankheiten
mit generalisierter Organbeteiligung in der Schwangerschaft
Eine kausale Therapie von Präeklampsie/HELLP-Syndrom,
abgesehen von der Entbindung, existiert bis heute in Ermangelung
eines gesicherten pathophysiologischen Gesamtkonzepts nicht. Ebensowenig
ist eine Prophylaxe mit medikamentösen und
diätetischen Maßnahmen sicher möglich. Die Behandlung
ist daher bis jetzt lediglich eine symptombezogene Therapie
zur Stabilisierung der Erkrankung bis zur Geburt. Meist im Rahmen
eines intensivmedizinischen Managements konzentriert sich die Therapie
auf blutdrucksenkende und auf antikonvulsive Maßnahmen sowie
auf die Korrektur von Hämostasestörungen. Weitere Untersuchungen
müssen zeigen, ob die systemische Gabe von Glukokortikoiden
nicht nur die Induktion einer Lungenreife, sondern auch eine Stabilisierung
selbst schwerer HELLP-Syndrome ermöglicht (147).
Bei schweren Verläufen ist nach der 34. Schwangerschaftswoche
möglichst rasch die Entbindung als einzig verfügbare kausale
Therapie anzustreben. Eine Entbindung vor der 34. SSW geht häufig
mit erheblicher Frühgeburtlichkeit einher. Ob hier mit einem
expektativem Vorgehen die erhöhte neonatale Morbidität
und Letalität verringert werden kann, muss in einem Perinatalzentrum
abhängig vom mütterlichen und fetalen Zustand individuell
entschieden werden. Unmittelbare therapeutische Konsequenzen ergeben
sich aus der Leberbeteiligung bei HELLP-Syndrom nicht, hier ist
auf die Entstehung subkapsulärer Hämatome mit der Gefahr
der Leberruptur zu achten.
↑
↑ ↑
1.3.3. Anhang: Leberruptur, intraabdominelle Blutung
Seit der Erstbeschreibung im Jahre 1844 wurden bis heute ca. 200
Fälle von spontaner Leberruptur in der Schwangerschaft
beschrieben. Diese schwere, lebensbedrohliche Komplikation ereignet
sich überwiegend im letzten Trimenon, gelegentlich im Puerperium
und nur ausnahmsweise in der frühen Schwangerschaft. Überwiegend
betroffen waren ältere Mehrgebärende im Alter zwischen
35 und 45 Jahren, die in über 75 % der Fälle eine Gestose-Symptomatik
aufwiesen. Ein zunehmender Ikterus, eine sich vergrößernde
Leber, eine Leukozytose und Anämie sollten den Verdacht auf
eine intrahepatische oder subkapsuläre Hämatombildung
lenken. Tritt eine Ruptur ein, ist das klinische Bild geprägt
von akuten abdominellen Schmerzen, besonders im rechten Oberbauch,
und einem rasch sich entwickelnden Schock. Entscheidend für
das Überleben der Mutter ist die sofortige Diagnosestellung
(bildgebende Verfahren, Arteriographie, Blutaspiration aus der Bauchhöhle)
und die sich unmittelbar anschließende therapeutische Intervention.
Je nach Schwere der Leberverletzung müssen unterschiedliche
operative Verfahren eingesetzt werden, wobei das Spektrum von der
notfallmäßigen Tamponade (Packing) bis zur orthotopen
Lebertransplantation reichen kann.
Ätiologisch werden verschiedene Faktoren diskutiert, die sich
wahrscheinlich kombinieren. Einmal der schwangerschaftsbedingte
erhöhte intraabdominelle Druck, der eine zusätzliche Steigerung
durch Erbrechen, Krämpfe und den Geburtsvorgang erfährt,
und zum anderen die Gefäßläsionen und die Nekrosen
in der Leber mit der sich ausbildenden hämorrhagischen Diathese.
Wird im Rahmen des HELLP-Syndroms ein subkapsuläres
Hämatom ohne Ruptur, bevorzugt lokalisiert im rechten Leberlappen,
nachgewiesen, kann eine abwartende Haltung unter strenger klinischer
Kontrolle eingenommen werden. Bei reifem Kind wird ein chirurgisches
Eingreifen empfohlen mit gleichzeitiger abdominaler Schnittentbindung.
Dieses differenzierte Vorgehen in Verbindung mit Fortschritten in
Diagnostik und Therapie hat dazu geführt, daß die mütterliche
und kindliche Mortalität auf etwa 30 % gesenkt werden konnte.
Ausnahmsweise finden sich auch Einblutungen in die Leber und Leberrupturen
in der Spätschwangerschaft bei Frauen mit akuter Schwangerschaftsfettleber
(70, 120).
Nicht in jedem Falle liegt jedoch der Leberruptur eine schwangerschaftsspezifische
Lebererkrankung zugrunde. In Einzelfällen bestand allein ein
arterieller Bluthochdruck oder aber es fand sich keine auslösende
Ursache. Aber auch so seltene Erkrankungen wie das kavernöse
Leberhämangiom, der Amöbenabszeß,
das primäre Leberkarzinom und insbesondere
das Leberzelladenom können in der Schwangerschaft
rupturieren (s. Kap. 1.2.11.).
Im Rahmen einer Bauchhöhlenschwangerschaft erfolgt die Nidation
des Eies auf dem Peritoneum, vor allem des Darmes, des Omentum,
der Uterusrückwand, aber auch auf der Leber. Gewöhnlich
ist die Plazenta auf der Unterfläche des rechten Leberlappens
lokalisiert. Meist enden extrauterine Graviditäten durch Komplikationen
wie intraabdominelle Blutung oder Perforation, gelegentlich werden
sie aber auch ausgetragen. Somit kann auch eine „Leberschwangerschaft“
zum Ausgangspunkt einer intraabdominellen Blutung
werden. Weltweit sind erst 15 Fälle bekannt geworden, in denen
eine Leberschwangerschaft erfolgreich durch Schnittentbindung beendet
werden konnte.
Beim plötzlichen Auftreten eines akuten Abdomens mit den Zeichen
des hämorrhagischen Schocks kommen weitere, nicht von der Leber
ausgehende Blutungsursachen in Frage. Aus dem Bereich des Oberbauches
seien noch Blutungen aus der Milz und den Milzgefäßen
nach spontaner Ruptur genannt.
Ein besonderes Problem stellt die Ruptur arterieller Aneurysmen
dar, die bei mehr als der Hälfte aller Rupturen bei Frauen
in der Schwangerschaft oder im Wochenbett auftreten. Jeweils bis
zu 100 Fallbeobachtungen rupturierter Aneurysmen liegen für
Aorta, Hirngefäße, Koronarien, Ovarialgefäße
und Nierenarterien vor. Als auslösende pathogenetische Mechanismen
werden u.a. Mediaauflockerung, Intimahyperplasie und erhöhtes
Herzzeitvolumen angenommen. Unter den Aneurysmen viszeraler Arterien,
die seit dem Einsatz sonographischer Untersuchungen vermehrt als
Zufallsbefunde gesehen werden, finden sich bei jungen Frauen gehäuft
Aneurysmen der Arteria lienalis. In der Schwangerschaft erhöht
sich die Rupturrate dieser Aneurysmen signifikant. 25 – 45
% rupturieren im 3. Trimenon oder früh postpartal mit einer
mütterlichen Letalität von 75 % und einer fetalen von
95 %. Gefährdet sind vor allem Mehrgebärende (98). Die
therapeutische Konsequenz ist die frühzeitige Therapie von
Aneurysmen, auch im asymptomatischen Stadium. Bei stattgehabter
Ruptur ist die Notfalloperation die einzige therapeutische Konsequenz.
↑
↑ ↑
1.3.4. Akute Schwangerschaftsfettleber (ASFL)
Die ASFL ist eine seltene schwangerschaftsspezifische
Komplikation überwiegend des letzten Trimenon, die sich mit
Symptomen des akuten Leberversagens (ALV) präsentiert.
Eine vorbestehende chronische Lebererkrankung liegt nicht vor.
Die Ursachen eines ALV sind vielfältig, am häufigsten
liegen virale Infektionen oder medikamentös-toxische Schäden
mit massivem Leberparenchymuntergang vor. Bei der ASFL finden sich
jedoch keine ausgedehnten Parenchymnekrosen, sondern zum Ausfall
der Leberfunktion führt hier eine mikrovesikuläre Verfettung
der Leberzellen. Entsprechend ist der Gehalt an Triglyzeriden und
freien Fettsäuren in der Leber bei ASFL erhöht (36).
Allen Ursachen des ALV gemeinsam ist, dass sie in einer gemeinsamen
Endstrecke, dem klinischen Bild des ALV, enden mit einem breiten
Spektrum klinischer, klinisch-chemischer und neurophysiologischer
Veränderungen. Somit ist die ASFL als Multisystemerkrankung
mit variabler Symptomatik anzusehen, wobei die Leber zunächst
im Mittelpunkt dieses Syndroms steht. Entsprechend weist die Klinik
zahlreiche Gemeinsamkeiten mit schweren Verlaufsformen des HELLP-Syndroms
(Tab. 1.16), aber auch mit dem Bild der Sepsis auf.
Wahrscheinlich stammt die erste histopathologische Beschreibung
der ASFL von Tarnier 1857. Das klinische Bild wurde erstmalig 1934
von Stander und Cadden beschrieben. Die erste vollständige
Darstellung der Erkrankung gab Sheehan 1940, der in ihr eine nosologische
Entität erkannte und sie als „akute gelbe Leberatrophie
der Schwangerschaft“ bedingt durch eine mikrovesikuläre
Verfettung der Hepatozyten histologisch von nekrotisierenden Verlaufsformen
verschiedener Lebererkrankungen abgrenzte. Ober und LeCompte prägten
1953 den Begriff „akute fettige Metamorphose der Leber in
der Schwangerschaft“ und grenzten die Erkrankung damit auch
nomenklatorisch von nekrotisierenden Lebererkrankungen in der Schwangerschaft
ab. Schultz et al. und Kunelis et al. beschrieben 1963 und 1965
ein weitgehend gleiches Syndrom nach hochdosierten Tetrazyklingaben
in der Schwangerschaft. Dies führte zur Abgrenzung einer „Tetrazyklin-assoziierten
Schwangerschaftsfettleber“ von einer „idiopathischen
Schwangerschaftsfettleber“ (69, 70, 74, 151).
Verlässliche Angaben zur Inzidenz der weltweit
in allen ethnischen Gruppen auftretenden ASFL fehlen, Zahlen zwischen
1:9000 und 1:13.000 dürften am ehesten zutreffen. Die bisher
sicherste Berechnung stammt aus dem Jahre 1984 mit einer relativen
Häufigkeit von einer Erkrankung auf 13.328 Schwangerschaften.
Diese Angabe stützt sich auf die Beobachtung von ungefähr
120.000 Geburten in 10 Jahren in Los Angeles (141). Allerdings sind
derartige Angaben kritisch zu sehen. Milde Verlaufsformen dürften
am ehesten nicht erkannt, schwere Verlaufsformen vor allem mit dem
HELLP-Syndrom verwechselt werden. Da ein diagnostisch beweisender
Marker nicht existiert, kann die Diagnose einer ASFL sicher nur
gestellt werden, wenn sie morphologisch bestätigt ist. Aus
diesem Grunde beziehen wir uns in unseren Aussagen im Wesentlichen
auf histologisch gesicherte Erkrankungsfälle. Das sind zum
einen 325 bioptisch bestätigte Fälle von insgesamt 400
Erkrankungen, über die bis 1994 berichtet wurde und von denen
bei 245 Patientinnen detaillierte klinische Angaben vorliegen (151),
sowie zum anderen 6 eigene Beobachtungen, von denen
4 histologisch gesichert sind. Von diesen kamen 3 Erkrankte ad exitum,
einmal infolge septischen Schocks, zweimal im akuten kardiovaskulären
Versagen (69, 70, 151, 173).
Abb. 1.24 Altersverteilung bei 240 Graviden
mit bioptisch gesicherter ASFL
Abb. 1.25 Verteilung von Erst- und Mehrgebärenden
bei 217 Graviden mit bioptisch gesicherter ASFL
Die ASFL kann in jedem Alter auftreten, die jüngste
Patientin war 16 Jahre alt, die älteste 46, das Durchschnittsalter
liegt bei 27 Jahren. Erstgebärende erkranken mit 42 % häufiger
als Mehrgebärende (Abb. 1.24 und 1.25). Die
Erkrankung entwickelt sich fast immer im 3. Trimenon zwischen der
29. und 40. Woche, im Durchschnitt in der 35. Woche. Fälle
mit Beginn in der 24. Schwangerschaftswoche sowie postpartal früh
im Wochenbett stellen Ausnahmen dar (69, 70, 74, 151).
Ätiologie und Pathogenese
der ASFL sind bisher nicht vollständig geklärt. Zwar sind
in den vergangenen Jahren einzelne pathophysiologische Mechanismen
herausgearbeitet worden, die ein Glied bilden könnten in der
pathogenetischen Kette, die schließlich in das charakteristische
morphologische Bild der ASFL einmündet, der ätiopathogenetische
Prozess als ganzer ist jedoch zur Zeit noch überwiegend hypothetisch.
Die ASFL steht in einer Reihe mit anderen Erkrankungen, die ebenfalls
bei unterschiedlichen auslösenden Faktoren letztlich eine mikrovesikuläre
Verfettung als uniforme Reaktion der Leber aufweisen können.
Da nur einzelne Aspekte der Pathogenese bekannt sind, sollte man
die ASFL derzeit noch zur idiopathischen Untergruppe zählen
(Tab. 1.17).
Für die Entwicklung der hepatischen Steatose wird einer mitochondrialen
Dysfunktion eine zentrale Rolle zugeschrieben. Medikamente,
Alkohol, Zytokine oder Sexualhormone können die mitochondriale
DNA (die mitochondrialen Struktur- und Funktionsproteine werden
außerdem durch die chromosomale und vor allem durch die nukleäre
DNA kodiert) wie das Coenzym A (z. B. Salizylate, Valproinsäure)
schädigen, die Enzyme der mitochondrialen Fettsäureoxidation
hemmen (z. B. Tetrazykline, Glukokortikoide, Valproinsäure),
direkt in die Atmungskette eingreifen (z. B. TNF-a, NO, Endotoxine)
oder vermehrt die in der inneren Mitochondrienmembran lokalisierten
Permeabilitäts-Poren öffnen (z. B. Salizylate, Gallensäuren,
TNF-a, Valproinsäure). Einzelne Pharmaka (z. B. Valproinsäure)
können dabei mehrere Effekte auf die mitochondriale Funktion
aufweisen (140).
Da akute Störungen der Beta-Oxidation der Fettsäuren
eine mikrovesikuläre Verfettung verursachen,
steht in der Pathogenese der ASFL offensichtlich eine Beeinträchtigung
dieser mitochondrialen Funktion im Vordergrund.
Die Verstoffwechselung der Fettsäuren erfolgt in den Mitochondrien
überwiegend durch Beta-Oxidation. Hierzu müssen die langkettigen
Fettsäuren (C14 bis C20) mit Hilfe des Carnitin-Shuttles aktiviert
und über die mitochondriale Innenmembran als Carnitinester
in die Matrix transportiert werden. Die kurz- und mittelkettigen
Fettsäuren (C4 bis C12) diffundieren frei durch die mitochondriale
Doppelmembran. Bei der Beta-Oxidation werden die aktivierten Fettsäuren
zu Acetyl-CoA abgebaut. Während Acetyl-CoA in den Zitratzyklus
eingeschleust wird, werden die Reduktionsäquivalente FADH2
und NADH zur Energiegewinnung in Form von ATP in der Atmungskette
oxidiert. Werden aufgenommene oder synthetisierte Fettsäuren
in der Leberzelle nicht zur Energiegewinnung herangezogen, können
sie nach Reveresterung als Triglyzeride gespeichert oder in Form
von VLDL ausgeschleust werden.
Tierexperimentell (Maus, Ratte) führte die Gabe von weiblichen
Sexualhormonen wie auch die späte Schwangerschaft selbst nicht
nur zur Verminderung der Fettsäureoxidation und zur Hemmung
der Aktivität des Tricarbonsäurezyklus, sondern auch zu
morphologischen Änderungen der mitochondrialen Ultrastruktur
(55). Auch bei der ASFL können wie in der normalen Schwangerschaft
und bei der ICP Größenzunahme und Verformung der Mitochondrien
vorhanden sein. Hieraus kann sich eine Beeinflussung der mitochondrialen
Funktion, aber auch eine Störung des Zusammenspiels der Stoffwechselwege
in den kommunizierenden Funktionsräumen ergeben. Die besonders
bei der ICP auftretenden mitochondrialen Alterationen prädisponieren
offensichtlich aber nicht zur häufigeren Entwicklung einer
ASFL, das gemeinsame Auftreten in Einzelfällen muss als zufälliges
Zusammentreffen interpretiert werden (70, 74).
Tab. 1.17 Lebererkrankungen mit mikrovesikulärer Fettspeicherung
idiopathisch
- akute Schwangerschaftsfettleber
- Reye-Syndrom
- nicht-alkoholische Fettleberhepatitis
- Präeklampsie
genetisch bedingt
- Defekte der Fettsäureoxidation
- Defekte des Harnstoffzyklus
- Defekte der Atmungskette
medikamentös-toxisch
- Tetrazyklin und Derivate
- Valproinsäure
- Pirprofen, Ibuprofen
- Amineptin, Tianeptin
- Amiodaron
- Salicylsäure
- Fialuridin
nutritiv-toxisch
- Alkohol
- Cholinmangel
- totale parenterale Ernährung
- Hypoglycin (Toxin der Jamaikanischen Brechkrankheit) |
Die physiologische Hypertriglyzeridämie in der Schwangerschaft
mit einem Maximum im 3. Trimenon ist Folge einer vermehrten VLDL-Synthese
und verminderten Lipoproteinlipase-Aktivität. Östrogene
spielen hier in der Regulation eine besondere Rolle. Sie bewirken
eine gesteigerte Lipolyse im Fettgewebe mit konsekutiver erhöhter
Aufnahme von freien Fettsäuren in die Leber und eine gesteigerte
VLDL-Synthese, aber auch eine Behinderung der mitochondrialen Beta-Oxidation.
Zu klären ist, unter welchen Bedingungen (z. B. sehr hohe Konzentrationen)
Östrogene an dem Auftreten akuter Störungen der Beta-Oxidation
beteiligt sind, zu fragen ist aber auch nach den Effekten von Insulin
und HPL, denen gleichfalls im Verlauf der Schwangerschaft eine Schlüsselfunktion
in der Regulation der Triglyzeride zukommt. Entwickelt sich z. B.
eine Insulinresistenz und können erhöhte Insulinspiegel
ebenfalls die mitochondriale Beta-Oxidation behindern.
Weiterhin ist bisher nicht bekannt, ob den extramitochondrialen
Oxidationswegen (in Peroxisomen und mikrosomal) in der Situation
eines erhöhten Angebots von freien Fettsäuren an die Leberzelle
und/oder einer gestörten mitochondrialen Beta-Oxidation in
der Pathogenese der ASFL eine Bedeutung zukommt. Zu prüfen
ist weiterhin, ob die Immunreaktionen z. B. durch Mikrochimärismus
bei der ASFL (Fetalzellen im mütterlichen Kreislauf wurden
bei Präeklampsie/HELLP-Syndrom nachgewiesen) eine Rolle spielen.
Bei 10 – 20 % der Patientinnen mit ASFL beruhen die Fettsäureoxidationsdefekte
auf einer genetischen Prädisposition. Bisher sind fast 20 enzymatische
Defekte entlang der mitochondrial lokalisierten Endstrecke der Fettsäureoxidation
bekannt, die sich nahezu immer im frühen Kindesalter mit schweren
metabolischen Krisen manifestieren. Defekte der Langketten-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase
(LCHAD) gehören zu den häufigeren Störungen der Beta-Oxidation,
die zu vermehrter Akkumulation und Exkretion von mittel- und langkettigen
Fettsäuren führen. Seit etwa 15 Jahren ist dokumentiert,
dass ein fetaler LCHAD-Mangel bei heterozygoter Mutter mit dem Auftreten
von ASFL, aber auch von HELLP-Syndrom assoziiert ist (79, 145, 152,
155, 188). Pathogenetisch bedeutsam können hier die vermehrte
Produktion toxischer Fettsäuremetaboliten durch den homozygoten
Feten, die verminderte LCHAD-Aktivität der Mutter sowie ein
sekundärer Carnitinmangel der Mutter sein.
Da offensichtlich genetische Faktoren nur bei einem kleineren Teil
der Patientinnen eine führende Bedeutung haben, dürften
erworbene Faktoren in der Pathogenese der ASFL die Hauptrolle spielen.
Unter dem Einfluss von Medikamenten, Ernährungsfaktoren (z.
B. Mangel an Riboflavin, Carnitin, essentiellen Aminosäuren),
Infektionen (gelegentlich gehen der ASFL virusbedingte Atemwegsinfektionen
voraus), Autoimmunreaktionen ausgelöst durch den Feten, genetischer
Prädisposition sowie der hormonellen Umstellung in der Schwangerschaft,
Faktoren, die in variablen Kombinationen wirksam werden können,
ist für die ASFL eine multifaktorielle Genese anzunehmen. Weitere,
die Beta-Oxidation hemmende und noch zu definierende Stressoren
sind denkbar.
Klinik. Wie beim ALV aus anderer Ursache beginnt
auch die ASFL mit einer primär unspezifischen Symptomatik.
Die bis dahin meist völlig gesunde Schwangere klagt über
Krankheitszeichen wie Oberbauch- oder Rückenschmerzen,
Appetitlosigkeit, Übelkeit, kaffeesatzartigem Erbrechen, Müdigkeit
und Kopfschmerzen, die sich in den nächsten Tagen zunehmend
verstärken. Gleichzeitig beobachtet man eine Tachykardie mit
einer Frequenz von 100 – 160 pro Minute, ohne dass ein Schockzustand,
eine Herzerkrankung, Fieber oder eine Anämie vorliegen. In
der Regel entwickelt sich in den nächsten Tagen ein rasch zunehmender
Ikterus. Die Kranke wird zunehmend komatös und weist die verschiedensten
neurologisch-psychiatrischen Krankheitserscheinungen auf. In dieser
Krankheitsphase können jedoch auch andere Symptome klinisch
in den Vordergrund treten, die Ausdruck von Störungen weiterer
Organe sind, und die die akute Schwangerschaftsfettleber als Multisystemerkrankung
ausweisen (Tab. 1.18) (69, 70, 74, 151).
Hepatische Enzephalopathie. Die hepatische Enzephalopathie
ist auch bei der ASFL das Kardinalsymptom, dessen Pathogenese multifaktoriell
und noch nicht völlig geklärt ist. Bei drei Vierteln der
bisherigen Beobachtungen wurden die verschiedensten psychischen
und neurologischen Störungen beschrieben, ein Koma als schwerste
Veränderung entwickelten 40 %. Allerdings stützen sich
derartige Aussagen auf den subjektiven Eindruck der einzelnen Autoren
in den bisherigen Publikationen, eine Objektivierung wie die Einteilung
der Enzephalopathie in 4 Schweregrade wurde bisher nicht vorgenommen.
Innerhalb weniger Stunden kann sich die Enzephalopathie von Grad
1 zu Grad 4 fortentwickeln, parallel zu den Schweregraden steigt
das Risiko von Hirnödem und Multiorganversagen. Klinische Zeichen
des Hirnödems im Rahmen einer Enzephalopathie Grad 4 sind u.
a. systolischer Blutdruckanstieg, Hyperventilation, Tachykardie,
Krampfanfälle und schließlich ein Ausfall der Hirnstammreflexe.
Generalisierte Krampfanfälle deuten bereits auf einen irreversiblen
Hirndruck hin, fast alle der bisher beobachteten Schwangeren kamen
ad exitum.
Tab. 1.18 Symptome und Komplikationen der ASFL
Prodromalstadium
- kaffeesatzartiges Erbrechen
- epigastrische Schmerzen
- Tachykardie
- Abgeschlagenheit
Vollbild
- Ikterus
- akute Niereninsuffizienz
- Bewusstseinstrübung, Koma, neurologische Ausfälle
- akute Blutung (gastrointestinal, vaginal, kutan etc.)
- arterieller Hypertonus, Proteinurie, periphere Ödeme
- Aszites
- akute Pankreatitis
- Polydipsie-Syndrom (selten) |
Kardiovaskuläre Störungen. Physiologisch
führen in der Schwangerschaft hormonelle Umstellungen zu einer
hyperdynamen Zirkulation mit Anstieg von Schlagvolumen, Herzminutenvolumen
und Herzfrequenz sowie zu einem Abfall von Gefäßwiderstand
und Blutdruck. Die gleiche hypotone, hyperdyname Kreislaufsituation
findet sich beim ALV wie auch bei Patienten mit Sepsis. Entsprechend
sind die hämodynamischen Veränderungen besonders stark
bei der ASFL ausgeprägt und führen zu Störungen von
Mikrozirkulation und Gewebeperfusion. Lokale Laktatazidosen und
eine allgemeine metabolische Azidose sind die Folge. Pathophysiologisch
kommen Hypotonie bis hin zum Schock, Mikrozirkulationsstörungen
und Sepsis eine große Bedeutung in der Entwicklung des Multiorganversagens
zu, entsprechend stellen diese Faktoren häufige Todesursachen
dar.
Etwa ein Drittel der Patientinnen mit ASFL wiesen Symptome einer
Präeklampsie auf. Hypertone Blutdruckwerte finden sich in 30
% der Fälle, die Werte liegen überwiegend im Bereich zwischen
160/95 mm Hg und 200/110 mm Hg. Auf den systolischen Blutdruckanstieg
bei ALV und Enzephalopathie Grad 4 als Folge einer ödembedingten
intrakraniellen Druckerhöhung wurde bereits hingewiesen.
Gerinnungsstörungen. Komplexe Gerinnungsstörungen
kennzeichnen ebenfalls das ALV, bedingt durch eine verminderte Synthese
in der Leber und einen gesteigerten peripheren Verbrauch. Es besteht
ein Mangel an: Fibrinogen, Prothrombin, Faktoren II, V, VII, IX,
Protein S, Protein C und AT III. Der Quick-Wert (Prothrombinzeit)
ist erniedrigt.
Häufig liegt gleichzeitig eine Thrombozytopenie und Thrombozytopathie
vor. Eine latente Verbrauchskoagulopathie liegt bei der ASFL praktisch
immer vor, das Vollbild ist dagegen selten.
Die hämorrhagische Diathese führt bei zwei Dritteln der
ASFL-Patientinnen zu Blutungen unterschiedlicher Art, wie Blutungen
in die Haut und Schleimhäute sowie genitale Blutungen unter
der Geburt. Gastrointestinale Blutungen sind häufig mitverantwortlich
für den letalen Ausgang. Sie stammen aus akuten Erosionen und
Ulzerationen von Ösophagus, Magen und Duodenum, selten aus
Jejunum, Ileum und Colon. In Einzelfällen wurden auch Blutungen
aus Mallory-Weiss-Läsionen oder aus Ösophagusvarizen beschrieben.
Offenbar kann hier die physiologische portale Schwangerschaftshypertension
transitorisch einen weiteren Druckanstieg erfahren durch die sinusoidale
Kompression infolge der diffusen Leberzellverfettung. Infolge der
Gerinnungsstörungen können sich auch Leberhämatome
ausbilden, sogar über eine Leberruptur wurde berichtet (120).
Akutes Nierenversagen, Polydipsie-Polyurie-Syndrom.
Ca. 80 % der Schwangeren mit ASFL entwickeln eine rasch progrediente
Einschränkung der Nierenfunktion mit Oligurie und Kreatininanstieg,
Proteinurie und Abfall der Natrium-Ausscheidung im Urin, gefolgt
von akuter tubulärer Schädigung mit Anurie. Ursachen dieses
prärenalen akuten Nierenversagens sind eine akute Hypoperfusion
infolge renaler Vasokonstriktion, Sepsis und Volumenmangel (mangelnde
Flüssigkeitszufuhr, gastrointestinale Blutungen, Emesis, akute
Pankreatitis, Fieber, Aszites, Ödeme) mit anschließendem
hypoxischen Tubulusschaden. Es ist unklar, ob die ähnlichen
mikrovesikulären Verfettungen, die sich wie in der Leber auch
in renalen Tubulusepithelien finden können, funktionell von
Bedeutung sind. Unter adäquater Therapie ist das Nierenversagen
lange Zeit reversibel. Im Stadium der Oligoanurie ist besonders
auf das Auftreten von Überwässerung (Lungen- und Hirnödem),
Hyperkaliämie (Herzrhythmusstörungen) und metabolischer
Azidose zu achten.
Einige Patientinnen mit ASFL entwickelten in der ersten postpartalen
Woche ein Polydipsie-Polyurie-Syndrom mit täglichen Urinmengen
von 7 bis über 9 Litern. Die gleiche Symptomatik wurde auch
beim HELLP-Syndrom beobachtet. Es ist noch unklar, ob dieses Syndrom
ausschließlich im Rahmen der polyurischen Phase des akuten
Nierenversagens zu sehen ist oder ob hier ein zentraler und/oder
renaler Diabetes insipidus als eine weitere Komplikation zur Beobachtung
kommt. Dies umso mehr, als in der Frühphase der Erkrankung
einige Fälle zur Beobachtung kamen, die eine Polydipsie ohne
Polyurie aufwiesen, ohne dass man dies z. B. durch die Menge des
Erbrochenen ausreichend erklären konnte. Auch in zwei eigenen
Beobachtungen trat ein erhöhtes Trinkverlangen von 3 –
4 Litern pro Tag in der Frühphase der ASFL auf (151).
Metabolische Störungen. Etwa drei Viertel
der bisher beobachteten Schwangeren mit ASFL entwickelten schwere
protrahierte Hypoglykämien (Blutzucker < 60 mg/dl). Einerseits
können Hypoglykämien zur Verschlechterung
der hepatischen Enzephalopathie beitragen, andererseits vermag aber
auch die Enzephalopathie die Hypoglykämie zu maskieren. Ursachen
der Hypoglykämie sind u. a. fehlende Glykogendepots bei alimentärem
Mangel, eine gestörte Glukoneogenese infolge Einschränkung
der Leberfunktion und ein Hyperinsulinismus durch verminderte hepatische
Extraktion (72).
Unter den Störungen des Säure-Basen-Haushalts überwiegt
die Alkalose, bedingt durch ein Versagen der Harnstoffsynthese
in der Leber mit Akkumulation der Vorläufersubstrate Bikarbonat
und Ammonium, häufig assoziiert mit einer Hypokaliämie.
Anfangs kann eine respiratorische Alkalose durch Hyperventilation
bei respiratorischer Insuffizienz hinzutreten. In fortgeschrittenen
Stadien kann sich dann eine Azidose entwickeln. Meistens liegen
Laktatazidosen vor aufgrund von Mikrozirkulationsstörungen,
Mikrothromben bei DIC und Gewebeödem infolge erhöhter
Kapillarpermeabilität.
In fortgeschrittenen Stadien mit höhergradiger Enzephalopathie
besteht oftmals eine respiratorische Insuffizienz.
Für die arterielle Hypoxämie kommen vielfältige Ursachen
wie bronchopulmonale Infektionen, Mikrothrombosen, interstitielles
Ödem, Kapillarleck mit Lungenödem sowie intrapulmonale
Vasodilatation mit funktionellem Rechts-Links-Shunt in Frage. Letztlich
können die diversen Schädigungen, die im Rahmen der ASFL
auftreten können (Schock jeglicher Genese, Pneumonie, Sepsis,
DIC, akute Pankreatitis etc.) eine diffuse, alveoläre Kapillarmembranschädigung
(ARDS) als einheitliche Reaktion der Lunge hervorrufen.
Das Pankreas ist bei der ASFL (Verfettungen können
auch in den Azinuszellen nachweisbar sein) bei verschiedenen Schockformen
oder bei Sepsis in unterschiedlicher Häufigkeit beteiligt.
Auf der einen Seite finden sich Erhöhungen der Pankreas-Enzymaktivitäten
im Serum oder eine ödematöse Pankreatitis als Folge einer
Ischämie bei fehlenden oder nicht-führenden klinischen
Symptomen, auf der anderen Seite kann sich (in 7 % der Fälle)
über eine jetzt gestörte Makro- und Mikrozirkulation eine
nekrotisierende Pankreatitis entwickeln. Es ist vorstellbar, dass
die nekrotisierende Pankreatitis über eine Freisetzung proinflammatorischer
Mediatoren das Schockgeschehen im Gesamtorganismus verstärkt
(151).
Ein ausgeprägter, im Rahmen der körperlichen Untersuchung
nachweisbarer Aszites findet sich bei 16 % der Schwangeren. Als
Ursache kommen u. a. ein erhöhter sinusoidaler Widerstand als
Folge der akuten Fettleber, eine Hypalbuminämie (verminderte
Proteinsynthese in der Leber, vermehrter intestinaler Eiweißverlust)
und eine akute Pankreatitis in Frage (151).
Beim fulminanten Leberversagen der ASFL ist die Beeinträchtigung
wesentlicher Abwehrfunktionen wie gestörte Neutrophilen- und
Kupferzellfunktion sowie Mangel an Opsoninen auslösendes Element
für das vermehrte Auftreten von Infektionen.
Hier sind peripartale und puerperale Infektionen, Wund-, Harnwegs-
und Katheterinfektionen sowie Pneumonien zu nennen. Die schwere
Sepsis und der septische Schock
zählen mit zu den Haupttodesursachen der ASFL, die Anzahl und
das Ausmaß der assoziierten Organdysfunktionen beeinflussen
dabei wesentlich den Verlauf und die Mortalität der Sepsis.
Klinisch-chemische Parameter. Die klinisch-chemischen
Parameter bei der ASFL zeigen aufgrund der Beteiligung verschiedener
Organe vielfältige Abweichungen. Der Ikterus,
oft erst bei Geburtsbeginn auftretend, weist in den meisten Fällen
Bilirubinwerte unter 15 mg/dl auf, nur selten werden Werte zwischen
20 und 30 mg/dl erreicht. Aufgrund der hepatozellulären Schädigung
ist vorwiegend das direkt reagierende Bilirubin erhöht, ausgenommen
die Fälle, in denen eine Hämolyse in den Vordergrund tritt.
Hier sind dann die Aktivitäten der LDH und HBDH im Serum entsprechend
erhöht und die Haptoglobinkonzentration vermindert (Abb.
1.26). Darüber hinaus kann bei schweren Hämolysen
der Wert des freien Hämoglobins erhöht sein.
In über 90 % der Fälle sind die Aktivitäten der
beiden Transaminasen im Serum erhöht, diese Erhöhungen
sind aber als Ausdruck fehlender oder geringer nekrotisierender
Prozesse fast durchweg moderat und liegen meist unter 100 U/l, meist
sogar unter 50 U/l. Das gleiche gilt für die Aktivität
der GLDH. Im Verlaufe der Erkrankung können Medikamente, parenterale
Ernährung, Hypoxämie, Hypotension und Sepsis die hepatozelluläre
Schädigung verstärken, so dass jetzt cholestatische wie
hepatitisähnliche Bilder, relativ häufig auch Mischbilder,
beobachtet werden (Abb. 1.27) (77).
Abb. 1.26 Akute Schwangerschaftsfettleber (23-jährige
1-grav., Erkrankungsbeginn 32. SSW, gemini mortui am 17. Tag). Verlauf
des Bilirubins und der LDH-Aktivität im Serum. Hämolyse
mit Abfall des Hb auf 6,2 g/dl und Anstieg der LDH-Aktivität
bis 3000 U/l (HBDH bis 1500 U/l).
Abb. 1.27 Akute Schwangerschaftsfettleber
(dieselbe Patientin wie in Abb. 1.26).
Verlauf der Aktivitäten von GOT and GPT im Serum. Postpartal
Vollbild der Erkrankung mit mäßigem Anstieg der Aktivitäten.
Bei den verschiedenen Schockformen zeigt sich ein steiler Anstieg
der Aktivitäten von GOT, GPT, LDH und GLDH
im Serum (bis zu 1000 U/l und höher). Die Aktivität der
γ-GT im Serum ist zunächst normal oder selten leicht erhöht.
Allerdings kann es auch hier im weiteren Verlauf vor allem durch
medikamentös- oder infektiös-toxische Ursachen zu einer
Erhöhung kommen. Als Folge der Synthesestörung kann die
Aktivität der CHE auf extrem niedrige Werte
unter 500 U/l absinken.
Die elektrophoretische Auftrennung der Eiweißfraktionen im
Serum kann eine Verminderung des Albumins und eine Vermehrung der
γ-Globuline ergeben (Abb. 1.28). Neben der
Albuminkonzentration sollte als weiterer Parameter der Leberfunktion
Plasmaammoniak erfasst werden. Komplexe Gerinnungsstörungen
und Thrombozytopenien prägen das klinische Bild der ASFL. Der
Gerinnungsstatus wie die Thrombozytenzahl sind daher regelmäßig
zu bestimmen, wie auch Parameter, die über Schäden an
extrahepatischen Organen Auskunft geben: Elektrolyte in Serum und
Urin, Blutgase, Laktat, Säure-Basen-Status, Blutzucker, Kreatinin,
Harnstoff, Harnsäure sowie Lipase und Amylase im Serum (Abb.
1.29 und 1.30). Das Blutbild kann auch ohne Temperaturerhöhung
durch eine ausgeprägte reaktive Leukozytose charakterisiert
sein. Die Werte bewegen sich meist zwischen 10000 und 30000 Leukozyten
pro Kubikmillimeter, aber auch Leukozytenzahlen über 50000
pro Kubikmillimeter sind bekannt. Zum Bild gehört auch das
Auftreten von Normoblasten (69, 70, 72, 74, 151).
Abb. 1.28 Akute Schwangerschaftsfettleber (dieselbe Patientin
wie in Abb. 1.26) Verlauf der Proteinkonzentrationen und CHE-Aktivitäten
im Serum, Gabe von Humanalbumin und Frischblut.
Abb. 1.29 Akute Schwangerschaftsfettleber
(dieselbe Patientin wie in Abb. 1.26)
Verlauf der Blutzuckerkonzentrationen bei kontinuierlicher parenteraler
Zufuhr großer Glukosemengen während der Akutphase.
Abb. 1.30 Akute Schwangerschaftsfettleber (dieselbe Patientin
wie in Abb. 1.26) Progredienter Abfall der Thrombozytenzahlen bis
zur Geburt (Gemini mortui), Gabe von Thrombozytenkonzentraten.
Morphologische Befunde. Die mikrovesikuläre
Verfettung der Leber bei der ASFL lässt sich mit bildgebenden
Verfahren nicht sicher erfassen, wahrscheinlich bedingt durch die
variable Ausprägung der Verfettung. In einer eigenen Beobachtung
wiesen nicht mehr als 30 % der Zellen lichtmikroskopisch eine feintropfige
Verfettung auf. Bildgebende Verfahren dienen jedoch zum Nachweis
von Komplikationen, wie z. B. von Infarkten oder Hämatomen.
Die Sicherung der Diagnose ist ausschließlich durch die histologische
Untersuchung von Lebergewebe möglich. Es findet sich eine feintropfige
Verfettung, die besonders im Läppchenzentrum ausgeprägt
ist und die (im Gegensatz zur Tetrazyklin-assoziierten Form, wo
sich die Zellverfettung ubiquitär findet) typischerweise um
die Portalfelder einen scharf begrenzten schmalen Zellsaum ausspart
(Abb. 1.31 und 1.32) Auffällig ist fernerhin,
dass diese plurivakuoläre Verfettung unverändert bestehen
bleibt; die Fetttröpfchen fließen also nicht wie bei
der üblichen Verfettung zu größeren Tropfen oder
sogar Fettzysten zusammen, die Leberzellkerne bleiben daher stets
zentral gelegen. Die Läppchenarchitektur ist erhalten, nur
selten finden sich Einzelzellnekrosen, Gallethromben und kleine
portale oder intralobuläre Rundzellinfiltrate. Lag jedoch längere
Zeit ein schwerer Schockzustand vor, so können die Läppchen
vermehrt mit Einzelzellnekrosen, aber auch mit Gruppennekrosen bis
hin zu azinozentralen Massennekrosen durchsetzt sein.
Abb. 1.31 Akute Schwangerschaftsfettleber. Plurivakuoläre
Verfettung (40-jährige 5-grav., Sectio caesarea am Aufnahmetag,
Tod im akuten Herzversagen).
Elektronenoptisch finden sich die zahlreichen
kleinen Fetttropfen ohne begrenzende Membran frei im Zytoplasma
oder aber auch innerhalb von Phagosomen. Die Mitochondrien weisen
häufig Riesenformen auf und zeigen Einschnürungen der
Oberfläche. Die Zahl der Cristae ist verringert, kristalline
Einschlüsse können auftreten (Abb. 1.33)
(69, 70, 151).
Abb. 1.32 Tetrazyklin-induzierte akute Fettleber mit feintropfiger
Leberzellverfettung (Prof. Dr. O. Klinge, Kassel).
Abb. 1.33 Ausschnitt einer Leberzelle bei akuter Schwangerschaftsfettleber
(23-jährige 1-gravida). Feintropfige Verfettung und weitgehender
Glykogenverlust des Parenchyms. Keine strukturellen Veränderungen
der Mitochondrien. Vergr. 3180fach
Ähnliche Verfettungen wie in der Leber wurden auch in Gastrointestinaltrakt,
Pankreas, Niere, Gehirn und Knochenmark gesehen.
Makroskopisch ist die Leber bei der Autopsie bei variabler Größe
(650 g bis 2350 g in den bisher beschriebenen Fällen) von teigig-weicher
Konsistenz und gelblicher Farbe, dabei auffallend resistent gegenüber
autolytischen Veränderungen (Abb. 1.34 und 1.35) (69,
70, 151).
Die akute Schwangerschaftsfettleber bietet das klinische Bild einer
akuten Lebernekrose. Sie muß daher differentialdiagnostisch
vor allem von akut nekrotisierenden Hepatitiden (Hepatitis A bis
E, Herpes simplex-Hepatitis, akuter Morbus Wilson, medikamentös-toxische
Hepatitis) abgegrenzt werden (Tab. 1.16) (57).
Dies gelingt zumindest in der Anfangsphase der Erkrankung durch
den Nachweis von normalen oder nur leicht erhöhten Aktivitäten
von GOT, GPT und GLDH im Serum. Besonders schwierig ist dagegen
die Differentialdiagnose des Vollbildes der Erkrankung
zu anderen, mit Ikterus einhergehenden Krankheiten am Ende der Schwangerschaft
wie schwere Verlaufsformen des HELLP-Syndroms (die Kombination beider
Erkrankungen ist möglich), das hämolytisch-urämische
Syndrom oder die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura. Die in
diesen Fällen die Erkrankung definitiv klärende Leberbiopsie
verbietet sich meist wegen der gestörten Hämostase, und
auch die transjuguläre Leberbiopsie als Alternativmethode wird
nicht immer verfügbar sein. Da die Schwangerschaft bei diesen
Multisystemerkrankungen mit großer Wahrscheinlichkeit einen
krankheitsauslösenden oder krankheitserhaltenden Faktor darstellt,
sollte sie durch sofortige Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt
unterbrochen werden.
Abb. 1.34 Akute Schwangerschaftsfettleber. Makroskopisches
Bild (24-jährige 1-grav., Erkrankungsbeginn 38. SSW. Sectio
caesarea am 1. Tag, Tod am 14. Tag bei Pneumonie und Peritonitis).
Abb. 1.35 Akute Schwangerschaftsfettleber. Vergleich der
Schnittfläche mit einem gesunden Organ (dieselbe Patientin
wie in Abb. 1.31).
Therapie und Prognose. Die ASFL ist ein lebensbedrohlicher
gynäkologischer und hepatologischer Notfall. Da leichte Verlaufsformen
in kürzester Zeit in schwere übergehen können, sollte
beim geringsten Verdacht die stationäre Behandlung erfolgen,
vorzugsweise in einer geburtshilflichen Schwerpunktklinik oder einem
Perinatalzentrum in Kooperation mit einem hepatologischen Zentrum.
Wie beim HELLP-Syndrom gibt es auch hier keine prädiktiven
Parameter, die über Verlauf und Prognose der Erkrankung Auskunft
geben.
Die Therapie beruht bisher auf zwei Prinzipien: auf der sofortigen
Beendigung der Schwangerschaft als auslösendem Faktor und auf
der Intensivtherapie des akuten Leberversagens. Da gerade schwere
Verlaufsformen von ASFL und HELLP-Syndrom klinisch nicht sicher
zu unterscheiden sind, sollte auch ohne Vorliegen eines bioptischen
Leberbefundes allein aufgrund des klinischen Verdachts in diesen
Situationen eine rasche Schwangerschaftsbeendigung (gegebenenfalls
durch Sectio caesarea) angestrebt werden. Die Beendigung der Schwangerschaft
bei der ASFL dürfte neben anderen Effekten auch zu einer unmittelbaren
Entlastung der pathologischen kardiovaskulären Situation beitragen,
da die schwangerschaftsbedingten hämodynamischen Veränderungen
sich innerhalb weniger Stunden nach der Entbindung normalisieren.
Die Auffassung, bei „milden“ Verlaufsformen der ASFL
(eine solche Diagnose ist nur durch die Leberbiopsie zu verifizieren)
speziell vor der 34. Schwangerschaftswoche bei unreifem Kind eine
expektative Vorgehensweise mit Induktion der fetalen Lungenreife
zu erwägen, ist kritisch zu sehen, zumal der Verlauf wie beim
HELLP-Syndrom unkalkulierbar ist. Hier ist unter intensivmedizinischer
Überwachung in Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf, der
Stabilität des mütterlichen Zustands und dem Befinden
des Kindes in utero individuell zu entscheiden.
Die zur Aufrechterhaltung des Kreislaufs und der Vitalfunktionen
notwendigen intensivmedizinischen Maßnahmen unterscheiden
sich bei der ASFL nicht von anderen Formen des Leberversagens. Eine
ausführliche Besprechung der möglichen Therapieoptionen
übersteigt den vorliegenden Rahmen.
Die in früherer Zeit noch unzureichenden diagnostischen und
therapeutischen Möglichkeiten gingen mit einer erhöhten
Letalität für Mütter und Kinder einher. Relativ rasch
entwickelte sich das durch ein Multiorganversagen gekennzeichnete
Vollbild der Erkrankung, das vom ersten Einsetzen der Symptome bis
zum Tod der Mutter durchschnittlich etwa 11 Tage dauerte. Der kürzeste
Verlauf war 2 Tage, der längste 6 Wochen. Relativ häufig
erfolgte 3 bis 4 Tage vor dem Tod der Mutter noch die vorzeitige
Spontangeburt eines meist intrauterin bereits abgestorbenen Kindes.
Dagegen variierte die Krankheitsdauer bei den überlebenden
Müttern zwischen 2 und 8 Wochen und lag im Mittel bei 4 Wochen
(69, 70, 151).
Die erhöhte Letalität war meist die Folge von hepatischer
Enzephalopathie und Hirnödem, akutem Nierenversagen, schweren
Infektionen, akutem kardiovaskulären Versagen und Blutungskomplikationen,
Komplikationen, die heute gleichfalls die häufigsten Todesursachen
bei einem ALV sind.
In den vergangenen Jahrzehnten ist es nun als Folge einer raschen
Entbindung (bei keiner Patientin hat sich bisher die ASFL spontan
vor der Entbindung zurückgebildet) und stetig verbesserter
Intensivtherapie gelungen, die mütterliche und parallel dazu
die kindliche Sterblichkeit deutlich zu senken (Abb. 1.36
und Abb. 1.37). Schreitet das Multiorganversagen nach der
Entbindung fort, sollte vor Eintritt irreversibler Schäden
die Indikation zur Lebertransplantation unter Berücksichtigung
spezieller Prognosescores diskutiert werden (132). Die mütterliche
Letalität liegt jetzt weltweit deutlich unter 20 % und die
des Feten unter 30 % (74, 151).
Abb. 1.36 Mütterliche Überlebensrate
in 245 Schwangerschaften mit bioptisch gesicherter ASFL.
Abb. 1.37 Kindliche Überlebensrate in 240 Schwangerschaften
mit bioptisch gesicherter ASFL.
Bei Überstehen der ASFL erfährt die mütterliche
Leber eine Restitutio ad integrum, am ehesten sind renale oder zerebrale
Residuen zu befürchten. Das Rezidivrisiko einer ASFL bei erneuten
Schwangerschaften ist gering, ausgenommen die Fälle, in denen
LCHAD-Defekte vorliegen. Hier liegt das Risiko aufgrund des autosomal-
rezessiven Vererbungsganges bei 15 bis 25 %. Phäno- und genotypisch
sollte daher jedes Neugeborene auf LCHAD-Defekte kontrolliert werden.
Es empfiehlt sich, auch den Vater in die Untersuchung einzubeziehen.
↑
↑ ↑
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